England 2018 – Zurück in die Vergangenheit

Wenn man auf der B3098 in Wiltshire unterwegs ist, erscheint in der Nähe des Örtchens Westbury hinter eine Kurve eine Geoglyphe auf einem Hügel. Anders gesagt, man sieht ein Scharrbild, dass durch die Abtragung der oberen Erd- und Gesteinsschichten den weißen Kalkstein darunter zum Vorschein bringt; in diesem Fall in Form eines über 50 x 50m großen Pferdes. Eines von insgesamt drei weißen Pferden in Wiltshire. Die genauen Ursprünge sind unklar, aber wer auch immer die Bilder in die Landschaft gescharrt hat, war offensichtlich ein großer Pferdeliebhaber 🙂

Wir sind auf dem Weg nach Osten, einmal quer über die Insel und machen Halt in Salisbury. Der kleine Ort hat dieses Jahr unrühmliche Schlagzeilen wegen eines Giftanschlags auf einen ehemaligen russischen Doppelagenten gemacht, aber wir sind am Bezirk „The Close“ interessiert, wo die berühmte Kathedrale steht. Sie wurde im 13. Jahrhundert in „nur“ 45 Jahren quasi in Rekordzeit erbaut und hat mit 123 Metern den höchsten noch stehenden Kirchturm in Großbritannien. Noch, denn die Kathedrale steht auf Sumpfland und das Fundament ist für die 6500 (!) Tonnen schwere Konstruktion nicht ausreichend, da er erst nachträglich hinzugefügt wurde. Er wurde bereits mehrfach „nachgesichert“ doch seine Spitze hat sich trotzdem bisher um 70cm  zur Seite geneigt.

Durch den wunderschönen Kreuzgang – der größte erhaltende auf den britischen Inseln – steuern wir als erstes die Dombibliothek an. Hier wird eines von vier noch erhaltenen Original-Exemplaren der Magna Carta aufbewahrt. In winziger Schrift wurde die Vereinbarung zwischen König Johann Ohneland und seinen rebellierenden Baronen in Latein auf ein Pergament gequetscht, damit nichts dazu geschrieben oder eine zweite Seite „verloren“ gehen konnte. Da fragt man sich doch, was noch alles festgelegt worden wäre, wenn sie ein größeres Stück Tierhaut zur Hand gehabt hätten :-).

In einem abgedunkelten Kabuff vor Licht geschützt und von strengen blickenden Mitarbeitern bewacht kann man das Original bewundern. Angesichts des geschichtlichen Gewichts das hier aufbewahrt wird, ist es ein bisschen unspektakulär. Netterweise hat man aber auf der Rückseite des Kabuffs eine englische Übersetzung in Großschrift aufgebracht, so dass man auch ohne großes Latinum die Große Urkunde der Freiheiten  durchlesen kann.

Dann ist es Zeit für die eigentliche Kathedrale. Ein unglaubliches Bauwerk aus dem 12. Jahrhundert. Und irgendwie ist alles groß, die Türen, die Säulen, sogar das neue Taufbecken, quasi ein Infinity-Pool in der Mitte des riesigen Kirchenschiffes. Wir wandeln staunend an den bunten Glasfenstern entlang und bekommen einen steifen Nacken beim Bewundern der Deckengewölbe. Der Chor hat etwas von einem ehrwürdigen Lesesaal und überall finden sich Statuen und Geschichten in unzähligen Nischen und Kapellen. Kein Wunder, dass Ken Follett hier Inspiration für „Die Säulen der Erde“ fand oder William Golden dem Vierungsturm in seinem Roman „Der Turm der Kathedrale“ verewigte.

Ein schöner Ausflug in die Geschichte, der uns total die Zeit vergessen lässt, bis wir leider weiter müssen, denn der Weg bis nach Kent ist noch lang.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.