Schottland 2025 – Orkney, Kirkwall und der Osten

Kirkwall ist mit etwa 10.000 Einwohnern der größte Ort der Orkneys und das Verwaltungszentrum der Inselgruppe. Es ist also alles zu finden, was im Alltag so gebraucht wird. Seit der Hafen erweitert wurde laufen jedes Jahr rund 100 Kreuzfahrtschiffe Kirkwall an. Das reicht von kleinen erlesenen Schiffen mit nur 250 Passagieren bis zu den hoch aufragenden Riesenschiffen mit mehreren tausend Reisenden. Es lohnt sich also einen Blick auf die Webseite des Hafens zu werfen, bevor man einen Besuch in der Stadt plant, um Gedränge zu vermeiden. Das Herzstück der Stadt ist die Kathedrale St. Magnus aus dem 12. Jahrhundert. Aus rotem Sandstein erbaut macht sie, besonders wenn die Sonne scheint, einen freundlichen und zugleich erhabenen Eindruck. Drinnen wirkt es überraschend luftig und die Buntglasfenster (wir sind Fans!) sind wunderschön.

Gegenüber der Kathedrale liegt die Ruine des Bishop’s Palace, der ebenfalls im 12. Jahrhundert für den ersten Bischoff – William the Old – errichtet wurde. Von diesen Ursprüngen ist allerdings nicht mehr viel übrig, das Meiste, was heute noch zu sehen ist, stammt von einer Restaurierung und Erweiterung im 16. Jahrhundert. Auch der Turm, den man besteigen kann, wurde in dieser Zeit errichtet. Von oben hat man einen tollen Blick auf die Kathedrale! Im Kombiticket kann man auch den Earl’s Palace direkt nebenan besichtigen, der aber auch nur noch eine – zumindest besser erhaltene – Ruine ist. In den ehemaligen Kellerräumen sind diverse Spiele aufgebaut, mit denen man sich gut einen Regenschauer lang beschäftigen kann 😉.

Kirkwall ist auch Sitz der nördlichsten Whiskybrennerei in Schottland – der Highland Park Distillery. Wir wurden schon oft gefragt, ob wir in Irland oder Schottland denn nicht mal eine Brennerei besucht hätten? Bisher nicht, aber das haben wir jetzt nachgeholt. Angeberwissen für die nächste Party: In Schottland und Kanada gebrannt ist es Whisky. In Irland und USA hergestellt ist es i.d.R. Whiskey. Das „e“ kam angeblich hinzu, weil sich irische Brennereien von den schottischen Konkurrenzprodukten unterscheiden wollten. Nach umfangreicher Renovierung und Modernisierung hat Highland Park erst im Frühjahr 2025 wieder den Betrieb aufgenommen und die Türen für Besucher geöffnet. In sehr informativen und kurzweiligen 75 Minuten erfahren wir enorm viel über den Prozess der Whisky-Herstellung.  Erstaunlicherweise hat sich in den letzten 225 Jahren gar nicht so viel am Herstellungsprozess geändert. Die Gerste wird immer noch über Torfrauch getrocknet, auch wenn man jetzt nicht mehr mit Kohle zu feuert, sondern Heißluft verwendet. Und die alten Holzbottiche zum Maischen und Fermentieren wurden jetzt durch blitzendes Metall ersetzt. Am Ende landet das Destillat dann in Eichenfässern, wo er mindestens 12 Jahre lagert, bevor er in Flaschen abgefüllt wird. Für noch (viel) länger gelagerte Exemplare können schon mal mehrere tausend (!) Pfund pro Flasche auf dem Preisschild stehen. Uns erstaunt, was aus nur drei Grundzutaten (Wasser, Gerste, Hefe) am Ende an Geschmacksnoten herauskommt, sogar für unsere ungeschulten Sinne. Und natürlich dürfen wir auch ein, zwei, drei „dram“ – die Einheit, in der der Whisky ausgeschüttet wird, ca. 25-35 ml, also „ein Schlückchen“ – probieren 😊.

Östlich von Kirwall nimmt die Anzahl an Sehenswürdigkeiten und damit auch die Bevölkerungs- und Besucherdichte etwas ab. Dafür hat fast jede Landzunge (= Head) ihren eigenen Coastal Walk und macht damit die Landschaft selbst zur Sehenswürdigkeit. Die Wege reichen von gut angelegt bis zum Trampelpfad und führen meistens direkt an der zerklüfteten Küste entlang. Der östlichste ist Mull Head. Es geht vorbei an einer Höhle mit eingestürzter Decke (The Gloup) zu einen Brough. Der ist aber nur über abenteuerliche Wege, die uns wie Indiana Jones fühlen lassen, und ein Geröllfeld erreichbar. Wir gestehen, für uns ist am Geröllfeld Schluss. Der Urlaub ist zu schön für einen verstauchten Knöchel 😉. Aber auch so ist es ein toller Spaziergang. Die Küste sieht hinter jeder Kurve anders aus und überall blüht die Strandnelke und das Wollgras 😍. Daumen hoch von uns!

Etwas weiter südlich ist der Roseness Coastal Walk kürzer und auch nicht so dramatisch. Es gibt ebenfalls ein „Gloup“, aber der ist eingezäunt, einen quadratischen Steinturm, dessen Funktion nicht geklärt ist und einen Leuchtturm.  Dazu neugierige Kühe, scheue Schafe, Wind und Wellen satt. Und obwohl die Landzunge eher klein ist, hat man das Gefühl von unendlicher Weite. Ebenfalls empfehlenswert!

Noch weiter südlich verlässt man unmerklich Mainland Orkney und es geht über die sogenannten „Churchill Barriers“ und die winzigen Inselchen Lamb Holm und Glimps Holm nach Burray und South Ronaldsay. Diese Barrikaden ließ Churchill im zweiten Weltkrieg errichten, um die britische Flotte in der Bucht von Scapa Flow vor Angriffen durch die deutsche Marine zu schützen. Ein U-Boot hatte in der Durchfahrt ein Schlachtschiff versenkt und dadurch eine kleine Blockade gebildet. Die Dämme, die die einzelnen Inseln heute miteinander verbinden verhinderten dann den Zugang vollständig. Zum Bau  wurden italienische Kriegsgefangene herangezogen. Weil diese aber nach den Genfer Konventionen nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden durften, wurden die Barrikaden als notwendige Infrastrukturmaßnahme deklariert. Ironischerweise wurden sie erst kurz nach Kriegsende fertiggestellt und dienen damit wirklich nur zivilen Zwecken. In den Gewässern um die Barriers liegen heute noch diverse Schiffswracks, die mit dem Gezeiten mal mehr und mal weniger aus dem Wasser ragen. Sehr skurril, aber offensichtlich ein sehr beliebtes Tauchgebiet. Und immer wieder weiße Sandstrände dazwischen!

Die Kriegsgefangen haben in ihrem Lager auf Lamb Holm aus zwei Wellblechhütten eine Kapelle gebaut, die man heute noch besichtigen kann. Die Front ist weiß gestrichen mit roten Akzenten. Sehr hübsch! Erst von der Seite fällt  die ungewöhnliche halbrunde Form des Gebäudes auf. Viel Baumaterial gab es nicht, deshalb wurden Wände und Decken so kunstvoll bemalt, dass es aussieht wie Säulen, Gewölbebögen und Steinmetzarbeiten. Das Taufbecken wurde aus einem mit Beton überzogenen Auspuff hergestellt und die Kerzenhalter aus alten Dosen gebastelt. Erst dachten wir, es lohnt sich nicht £4 Eintritt zu zahlen, nur um einen Raum zu sehen, aber im Nachhinein sind wir froh, dass wir es gemacht haben.

St. Margaret’s Hope liegt auf South Ronaldsay und wurde nach der Prinzessin Margaret benannt,  deren Mitgift Orkney und Shetland waren und die tragischer Weise auf dem Weg zu ihrer Hochzeit in Schottland auf Orkney verstarb. Von hier gibt es eine Katamaran Autofähre, die in knapp einer Stunde Schottland Mainland (ja auch die ganz große britische Insel wird Mainland genannt, sehr verwirrend!) erreicht. Hätten wir das vorher gewusst, wäre das wahrscheinlich unsere Wahl für unsere Weiterreise gewesen. Es ist nicht nur schneller ist als die Verbindung von Stromness nach Scrabster, sondern liegt auch viel näher an unserem Ferienhaus. Aber unsere Route hat auch so einiges zu bieten, wir berichten im nächsten Beitrag 😉.

Der Rundweg am Hoxa Head führt zu einer Küstenartilleriebatterie aus dem zweiten Weltkrieg. Sie besteht aus Beobachtungs- und  Geschütztürmen, Unterkunfts- und andern nicht näher definierten Gebäuden. Nicht unbedingt das, was wir im Urlaub besichtigen müssen, aber in Reiseführern und den einschlägigen Internetquellen wir es als Sehenswürdigkeit angepriesen. Es ist ein weiteres Zeugnis für die strategische Bedeutung der Inseln in beiden Weltkriegen. Heute sind die Betonhäuschen zumindest ganz praktisch als Unterstand im unbeständigen orkadischen Wetter. Im Kontrast dazu blühen am ganzen Weg Strandnelken, Klee und riesiger knallroter Klatschmohn. Das gefällt uns.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Insel liegt die kleine Kirche St. Peter und dahinter eine alte Schiffswinde, ein Steinhaufen (vielleicht die Überreste eine kleinen Windmühle?) und der Millenium Stone dekorativ direkt am Meer aufgereiht. Auch hier könnte man noch weiter laufen, aber es zieht neuer Regen auf und motiviert uns, lieber den Heimweg anzutreten. In den Feldern sehen wir immer wieder einzelne Monolithen, die meisten allerdings nicht gut zugänglich. Einem Stopp am Sorquoy Standing Stone können wir dann aber doch nicht widerstehen und sind hinterher durchnässt und froh, uns schnell im Ferienhaus wieder aufwärmen zu können. Die Wege sind hier ja glücklicherweise alle ziemlich kurz 😊.

Wir haben uns wirklich viel Mühe gegeben, es aber nicht geschafft unsere komplette To-See-Liste abzuarbeiten. Es gibt einfach zu viel zu sehen auf Orkney! Und dann sind da noch die umliegenden Inselchen, von denen einige sicherlich auch einen Besuch wert sind. Auch hier werden wir wohl nochmal herkommen müssen 😁.

 

 

 

 

 

 

Eine Antwort auf „Schottland 2025 – Orkney, Kirkwall und der Osten“

  1. Ihr Lieben ,
    1000 Dank für eure Artikel und die wundervollen Bilder.
    Ihr zwei seid mir ja welche… gerade habe ich mich entschieden, nächstes Jahr noch einmal 2 Monate Auszeit zu nehmen, Sabbatical, und dann mit dem Radl Finnland zu umrunden, das Sehnsuchtsland. Und nun kommt ihr mit diesen Bildern um die Ecke… und es sieht von den Steigungen auch gemäßigt aus darauf….. na, schauen wir mal, was mir da noch in den Sinn kommt.
    es ist ganz wunderbar, euch auf diese Weise ein wenig zu begleiten. Ich wünsche euch noch eine ganz tolle Zeit, sende liebe Grüße und vielen Dank!

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