Norwegen 2023 – Der unrühmliche Abschluss

Die letzte Woche unseres Urlaubs wollen wir entspannt in einem luxuriösen Ferienhaus am See verbringen und nochmal so richtig ausspannen. Der Wetterbericht sagt genau das richtige Wetter dafür an. Sonne, Sonne, Sonne und Sonne bei 20 bis 25 Grad. Soweit der Plan. Leider geht aber einiges gehörig daneben und es soll mit die schlechteste Urlaubswoche aller Zeiten für uns werden. Wir hatten kurz überlegt, ob wir überhaupt darüber schreiben, aber dieser Blog ist auch unser Reisetagebuch und einem Tagebuch vertraut man ja alles an. Vielleicht sogar gerade die Dinge, die schlecht gelaufen sind. Aber der Reihe nach!

Von Norheimsund bis zu unserem Ziel in der Nähe von Sannidal sind es rund 330 Kilometer und unser Navi gibt dafür 6 Stunden reine Fahrtzeit an. Diesmal haben wir keine Zwischenübernachtung, aber dafür nur wenig Sightseeing entlang der Strecke eingeplant. Der Himmel ist blau, die Fähre wie immer pünktlich und der Hardangerfjord verabschiedet sich mit spiegelglattem Wasser, in dem die Berge und Häuser am Ufer glasklar wiedergegeben werden. Erster Stopp ist für uns nochmal der Låtefossen. Den haben wir zwar schon ausführlich dokumentiert, aber bei unseren Drohnenaufnahmen haben wir gesehen, dass es einen kleinen Weg hinauf auf halbe Höhe gibt und da oben liegt auch noch ein Geocache. Und die Toilette ist jetzt auch ganz praktisch 😉 . Wir bekommen mit Mühe und Not einen Parkplatz und Diane wühlt die Regenjacke aus dem Gepäck. Der Pfad beginnt, vom Parkplatz aus, auf der anderen Seite der kleinen Brücke und der Wasserfall pustet unaufhörlich eine dicke Gischtwolke über die Straße. Wir brauchen heute keine zweite Dusche, vielen Dank. So gewappnet ist es aber kein Problem und ruck-zuck ist der kleine Aufstieg geschafft. Als Bonus hat man auch noch einen wunderbaren Ausblick auf den Espelandsfossen, der auf der anderen Flussseite liegt und den wohl die meisten nur im Vorbeifahren sehen. Den Cache finden wir auch, also bis hierhin alles prima.

Von hier an haben wir nur ein paar Mal das Ausweichen von der Autobahn auf alte Touristvegen geplant. So machen wir immer noch Strecke, aber in schöner Gegend und wir können anhalten und erkunden, was wir so an der Route entdecken. Wir haben die Startpunkte extra im Navi markiert, damit wir sie ja nicht verpassen. Denn wenn man nicht aufpasst wie ein Schießhund ist man schwups im nächsten Tunnel und hat nix von der tollen Landschaft draußen.

Hinter Korlevoll wollen wir von der E314 auf Rodalsfjellet Touristvegen abbiegen, aber der ist noch mit einer Schranke gesperrt. Entweder war der Winter sehr schneereich, oder der Weg ist prinzipiell nur im Hochsommer befahrbar. Was bei unserer Routenplanung leider nirgendwo erwähnt wurde. Schade, aber wir nehmen es (noch) sportlich. Die eingesparte Zeit können wir auf dem Rest der Fahrt bestimmt gut gebrauchen.

Den nächsten Versuch starten wir hinter Roldal, aber auch Austmannaliavegen ist noch gesperrt. So langsam macht sich Enttäuschung und auch eine gewisse Vorahnung bei uns breit. Sollte der Haukelitunnel nicht mehr wegen Bauarbeiten gesperrt sein, werden wir dann über den Drystar Touristvegen fahren können? Letztes Jahr sind wir dort in Kolonne umgeleitet worden und konnten nirgends anhalten. Diesmal wollen ein bisschen mehr Zeit haben und den Weg in unserem Tempo erkunden. Aber es kommt wie befürchtet – auch diese Strecke ist noch nicht für den Verkehr geöffnet. Wir finden dann eher zufällig noch eine namenlose Nebenstraße, die uns doch noch ein bisschen mit schöner Gegend versorgt, aber insgesamt hatten wir uns von diesem Abschnitt viel mehr versprochen. Wollten wir doch ein letztes Mal Winter im Juni erleben.

Nachdem wir die Berge und den Schnee hinter uns gelassen haben, wird die Landschaft wieder weniger „norwegisch“. Es gibt Wald und Seen und je weiter südlich wir kommen, wieder viel mehr Besiedelung. Hatten wir damit gerechnet erst spät abends an unserem nächsten Ferienhaus anzukommen, sind wir dann doch ganz froh, dass wir schön früher am Ziel sind. Also fast am Ziel, denn die über die Buchungsplattform vermittelten Koordinaten sind laut Google irgendwo im Nirgendwo und es führt keine Straße dorthin. Der einzige Feldweg der uns hinführen soll ist – schon fast das Motto dieses Tages – mit einer abgeschlossenen Schranke versperrt. Dass das Haus etwas abgelegen ist, wussten wir und im Allgemeinen finden wir das meistens auch ganz schön so. Dass wir aber über eine Schotterpiste kilometerweit durch den Wald irren, finden wir eher nicht so doll.

Wir wechseln zu TomTom, der zumindest eine Straße (also Schotterpiste) anzeigt, die uns dahin bringen könnte, wo wir hinwollen. Wir sind schon kurz davor zu glauben, dass wir einem Betrug aufgesessen sind und es das Ferienhaus gar nicht gibt, als wir plötzlich mitten in einer riesigen Ferienhaussiedlung ankommen. Unser Auto sieht aus, als hätten wir an der Ralley Paris-Dakar teilgenommen, die Heckscheibe ist komplett dicht. Denn die Ferienhaussiedlung wird noch gebaut! Es gibt schon einige fertige Häuser (unter anderem unseres, also zumindest müssen wir nicht im Auto schlafen!), aber rechts und links und oben und unten sind noch Baustellen! Keine fünfzig Meter entfernt begrüßt uns ein Bagger und überall liegen Baumaterialen herum. Okay, so hatten wir uns unser luxuriöses Ferienhaus am See nicht vorgestellt. Immerhin ist der See tatsächlich nur ein paar hundert Meter entfernt. Leider sind es ein paar hundert Meter Luftlinie. Und die Häuser liegen am Hang über dem See. Mal eben hinlaufen sind also nicht, wie wir dachten, ein paar Minuten, sondern locker über eine halbe Stunde. Wir atmen tief durch und versuchen uns nicht zu sehr aufzuregen.

Zumindest hat das Haus eine wirklich schöne und große Sonnenterasse. Da es ganz frei liegt und es keine Bäume gibt, liegt es aber auch den ganzen Tag im prallen Sonnenschein und es gibt nirgendwo einen Sonnenschutz. Kein Schirm, keine Markise und der Hausschatten fällt hinten auf den Schottervorplatz mit Blick auf die Baustelle. Noch bevor wir schlafen gehen gucken wir, ob es nicht in der Nähe ein anderes Ferienhaus gibt und wir trotz der happigen Miete umziehen können. Leider finden wir aber nichts Anderes. Nach der langen Anfahrt legen wir am Sonntag die Füße hoch, bauen unseren eigenen Sonnenschutz für den Hängesessel und schmieden einen Plan, wie wir uns die Woche trotzdem schön machen. Ausschlafen dürfte schwierig werden, also werden wir in den sauren Apfel beißen und mit Beginn der Arbeiten aufstehen, trotzdem gemütlich frühstücken und dann los bis nachmittags, wenn die Handwerker wieder weg sind. Nicht das, was wir ursprünglich vorhatten, aber wir sind anpassungsfähig.

Der Sonntag ist dann auch sehr ruhig und entspannt, aber das Haus heizt sich in der Sonne schon ziemlich auf und gerade zum Schlafen unter dem Dach ist es eher suboptimal. Dass wir Montagmorgen vor halb sieben vom Bagger aus dem Schlaf gerissen werden und wir nicht mal die erhofften acht Uhr schaffen, macht es uns dann doch schwer optimistisch auf den Rest unseres Aufenthalts zu blicken..

Wenn es am See nicht erträglich ist, gehen wir halt ans Meer. Dachten wir. Aber in dieser Gegend ist die Küste sehr felsig und der Zugang zum Wasser ist, zumindest da wo wir es versuchen, hauptsächlich über kleine Yachthäfen möglich. Wir wollen aber nicht auf’s Wasser, sondern ans Wasser. Der nächste Ort ist Sannidal und eigentlich nur 15km entfernt. Pech, dass wir für die 5km Schotterpiste schon alleine über zwanzig Minuten brauche, bis wir zu einer asphaltierten Straße kommen. Nur gut, dass wir noch die alten Winterreifen drauf haben, die sowieso entsorgt werden müssen! Der nächste Küstenort ist Kragerø und der hat zumindest eine schöne Promenade mit bunten Holzhäuschen. Dahinter zieht sich ein Viertel mit den typischen weißen Holzhäuser mit rotem Dach und schmalen Gassen den Hügel hinauf. Ein netter Spaziergang. Wir hoffen auf eine schöne Aussicht von der Kirche aus, aber da werden wir leider – mal wieder – enttäuscht.

Uns nervt der viele Verkehr, es ist uns zu voll, wir sehen das erste Graffiti in Norwegen und die öffentlichen Toiletten, die wir bisher immer als unglaublich sauber und in Schuss erlebt haben – sogar in den abgelegensten Winkeln in denen wir unterwegs waren – sind oftmals im gleichen Zustand wie die Toilettenhäuschen auf deutschen Autobahnrastplätzen. Kurzum die Gegend begeistert uns nicht. Wir versuchen uns an ein paar Geocachingtouren, aber selbst die sind ziemlich erfolglos. Auch die erhoffte Ruhe am Abend finden wir nicht. Wenn die Handwerker, dankenswerterweise schon um vier Uhr, Feierabend machen, übernehmen die Laien und hämmern, schleifen und sägen an ihren Häusern herum. Erholung bleibt für uns aus und schließlich entscheiden wir uns, nicht bis zum bitteren Ende auszuharren und buchen unsere Fähre von Samstag auf Donnerstag um und reisen früher als geplant wieder heim. Zumindest haben wir so auf der Fähre zurück nach Deutschland eine entspannte Überfahrt, denn mitten in der Woche ist sie nur zu einem Drittel belegt. Die beiden „gewonnen“ Tage nutzen wir dann zu Hause um den Urlaub doch noch entspannt ausklingen zu lassen. Jeder weitere Urlaub in Norwegen wird für uns nur noch nördlich des 60ten Breitengrades stattfinden!

Norwegen 2023 – Von Turistvegern und Wasserfällen

Umzugstage im Urlaub sind bei uns häufig eher hektisch, da wir auf der einen Seite die Entfernung zum nächsten Ferienhaus zurücklegen müssen, auf der anderen Seite aber auch Sehenswertes an der Strecke nicht verpassen wollen. In Norwegen, wo größere Strecken viel Zeit brauchen, ist das eine besondere Herausforderung. Für die etwa 370 Kilometer von Ålgård nach Norheimsund werden vom Routenplaner sechseinhalb Stunden reine Fahrzeit ausgespuckt. Da wir nicht nur die Autobahn sehen wollen, haben wir eine Übernachtung auf halber Strecke eingeplant und können so die Tage etwas entspannter angehen.

Abseits der Autobahnen empfehlen sich die Norwegischen Landschaftsrouten bzw. Nasjonale Turistveger. Das sind 18 über ganz Norwegen verteilte Routen durch landschaftlich besonders schöne Gegenden. Entlang der Routen gibt es oft Kunstwerke oder besondere Rastplätze und Aussichtspunkte. Wir arbeiten uns langsam durch die Liste durch 😉 . 2015 haben wir bereits Gaularfjellet und Sognefjellet absolviert. Letztes Jahr dann natürlich Lofoten und Andøya und dieses Jahr schon Jæren an der Südwestküste. Unser Weg nach Norden stimmt in großes Teilen mit Ryfylke überein. Wir müssen uns nur entscheiden ob wir rechts oder links den Sandfjord hochfahren, aber da die linke Route über die Fv 46 nur im Hochsommer sicher befahrbar ist, fällt unsere Wahl auf rechts rum. Als Tagesziel steuern wir das Ryfylke Fjordhotel in Sand an.

Da wir die Küstenstrasse ja schon kennen, geht es bis Stavanger für uns erstmal über die E39 und wir kommen gut voran. Je weiter wir gen Norden fahren, je mehr Wolken ziehen auf. Aber es bleibt trocken und in weiten Abschnitten sogar sonnig. Wir sind zwar nicht mehr am Meer, aber die Binnenseen zaubern eine ebenso schöne Szenerie! Dann werden die Orte weniger und weniger und die Natur übernimmt komplett. Das ist unser Bilderbuchnorwegen, das uns wieder hierher gelockt hat.

Eine kleine Überraschung erleben wir am Hjelmedal Fährkai, den wir zwar schon sehen können, aber bis dahin erstreckt sich vor uns eine lange Autoschlange. Offensichtlich wollen Freitag nachmittags nicht nur Touristen übersetzen. Es gibt sechs Wartespuren und wir landen in der Mitte der vierten. Die Fähre sieht gar nicht so groß aus, aber wir haben Glück und kommen noch mit der von uns angestrebten Abfahrt mit. Die sechste Spur bleibt allerdings am Kai stehen und muss auf die nächste Fähre warten. Bezahlt wird auf den meisten Fähren in Norwegen nicht mehr am Kai oder an Bord. Stattdessen laufen die Angestellten nur mir ihrem Handy herum und scannen die Kennzeichen. Da wir uns bereits letztes Jahr für ferrypay.no registriert haben, erhalten wir einen Daumen hoch und sind beruhigt, dass alles noch funktioniert. Im Fjordland werden wir noch öfter per Fähre unterwegs sein.

Auch unser Hotel ist voll digital. Wir haben online bereits eingecheckt und den Code für unser Zimmer erhalten. Völlig flexibel können wir kommen und gehen wie wir möchten. Direkt am Hafen gelegen bietet es einen tollen Ausblick in den Boknafjord. Wir drehen eine kurze Runde, bevor uns der Hunger packt. Abends ein offenes Restaurant in Sand zu finden ist recht einfach. Außer dem hoteleigenem Restaurant gibt es – nichts. Das erleichtert uns die Auswahl 🙂 . Essen ist okay, der Ausblick, wie erwähnt sehr schön und das Personal super freundlich. Wir amüsieren uns über die einheimische Jugend, die Freitag abends in ihr kleines Motorboot hüpft und bei langsamer Fahr im Boot stehend (!) angelt. Jedem sein eigenes Vergnügen.

Nach einem sehr guten Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg. Jetzt kommen wir langsam in die Gegend, die uns letztes Jahr bei der Durchfahrt von Ost nach West und zurück so positiv überrascht hat. Die Berge werden höher und sind oben weiß überpudert. Die Seen und Fjorde werden breiter und wir treffen in Suldal, wo wir schnell noch ein paar Teile einkaufen, bevor die Geschäfte über die Pfingsttage schließen, auf den größten Holzhasen, den wir je gesehen haben und die norwegische Version vom Monster von Loch Ness. Ob die legendäre Seeschlange tatsächlich so farbenfroh aussieht, wie die Version am alten Anleger in Nesflaten wagen wir aber mal zu bezweifeln.

Und dann sehen wir auch noch die ersten blühenden Apfelbäume! Hatten wir letztes Jahr auf dem Hinweg keine Zeit und waren auf dem Rückweg zu spät, sind wir jetzt genau richtig. Am Hardangerfjord sollten wir sogar kleine blühende Obstplantagen sehen. Nicht nur die Landschaft wird immer dramatischer, auch der Himmel zieht alle Register und schließlich fängt es ordentlich an zu regnen. Wir schaffen es gerade so halbwegs trocken das Cachermobil in Norheimsund zu entladen. Die nächsten zwei Tage wird es nicht besser, aber wir können eine Pause ganz gut gebrauchen, denn die erfolgreichen Cachertouren der letzten Woche haben Spuren hinterlassen und einer von vier Knöcheln ist dick wie eine Apfelsine und froh über ein bisschen Ruhe und Pflege.

Aber natürlich sind wir nicht (nur) zum Faulenzen her gekommen! Wenn man den Hardangerfjord auf dem Ålvikvegen und die Rv7 entlang fährt (ein Teil der Landschaftsroute Hardanger) hat man nicht nur eine wunderbare Aussicht, sondern passiert auch einen infrastrukturellen Leckerbissen. Tunnel sind generell und in Norwegen nun wirklich nichts Besonderes, aber dass sie im Vallaviktunnelen einen Kreisverkehr eingebaut haben, hat uns letztes Jahr schon beeindruckt. Danach folgt die Hardangerbrua, mal eine Brücke, statt einem Tunnel, bevor es in Butunnelen gleich den nächsten blau ausgeleuchteten Kreisverkehrt gibt. Wir drehen jeweils eine Ehrenrunde, damit sich die happige Maut auch gelohnt hat 😉 .

In Eidfjord wartet schon die nächste Überraschung auf uns. Vom Ort ist fast nichts zu sehen, weil ein – im Vergleich – riesiges Kreuzfahrtschiff am Kai liegt. Sehr bizzar, denn der Ort ist sehr klein und ertrinkt förmlich in den Passagieren. An der Promenade haben sich die Einheimischen viel Mühe gegeben und den Bäumen schicke und lustige Mäntelchen gestrickt(?), gehäkelt(?). Wenigstens eine Sehenswürdigkeit für die Kreuzfahrer 😉 .

Für uns ist Eidfjord aber nicht das Ziel, sondern der Anfang einer weiteren Landschaftsroute: Hardangervidda. Die Hardangervidda ist die größte Hochebene Europas und der größte Nationalpark in Norwegen mit der größten wildlebenden Rentierherde. Ganz schön viele Superlative und damit das so bleibt, ist der Zugang nur Wanderern, Radfahrern und der Bergenbahn gestattet. Der Autoverkehr muss überwiegend draußen bleiben, bis auf die Landschaftsroute. Im Westen starten wir im grünen Måbødalen Tal, das mit seinen Serpentinen und den zunehmend steiler aufragenden Felswänden erste Anzeichen gibt, dass es ins Hochgebirge geht. Der Winter ist hier oben noch lange nicht vorbei, die Landschaftsroute ist aber ganzjährig befahrbar. Bei starkem Schneefall oder Schneeverwehungen kann allerdings Kolonnenfahren hinter den Räumfahrzeugen angeordnet werden. Insgesamt ist die Straße, als eine der wenigen Ost-West-Verbindungen in der Gegend, stark befahren. Da sind nicht nur die Touristen mit ihren Autos, CamperVans, Wohnwagen und -mobilen, sondern auch die Einheimischen (die uns schon ein bisschen leid tun, dass sie sich ständig mit den doofen Touris rumärgern müssen) unterwegs sondern auch LKWs. Sehr viele LKWs. Die natürlich auch nicht so gemütlich unterwegs sind, wie wir.

Ende Mai ist die Landschaft mehr oder weniger kuhfleckig. Es gibt noch weite weiße Flächen, die uns trotz Sonnenbrille bei strahlender Sonne blenden. Aber auch Abschnitte, wo der Schnee schon überwiegend geschmolzen ist. Dazwischen immer wieder mehr oder weniger gefrorene Seen und Flüsse, auf denen Eisschollen treiben und über Stromschnellen tanzen. Vereinzelte Schutzhütten bilden kleine Farbtupfer in der Landschaft, sofern sie nicht zugeschneit sind. Der Schnee ist allerdings matschig und der Untergrund sumpfig und nicht schön zu laufen. Das Los der Nebensaison. Das Ende der Route in Haugastøl ist eher ernüchternd und wir halten uns nicht lange auf, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Da es nur die eine Strasse gibt, fahren wir also die gleiche Strecke wieder zurück. Aber bei der Landschaft kann man das verkraften 😉 .

Der Vøringsfossen ist einer von unzähligen Wasserfällen in Norwegen, aber mit einer Gesamthöhe von 183m, davon über 150m in einem freien Fall, schon außergewöhnlich. In unserem Reiseführer (in der Auflage von Januar 2022) werden noch diverse Parkbuchten und ein Hotelparkplatz als beste Aussichtsplätze beschrieben, aber aktuell wird ein ganzes Netz von Plattformen und Metallstegen gebaut, so dass es kein Problem ist, die Wassermassen aus unzähligen Perspektiven ins Tal stürzen zu sehen. Eigentlich ist es auch nicht ein, sondern mehrere Wasserfälle, die es hier zu bestaunen gibt. Das macht Vøringsfossen zu einer der Top-Attraktionen der Gegend, manchmal, je nach Liste, sogar zu einer der Top 10 Sehenswürdigkeiten Norwegens. Der Parkplatz lässt erahnen, welche Massen hier durchgeschleust werden und auch wir haben das Pech, dass zeitgleich mit uns zwei Reisebusse ankommen. Eine Landung Belgier und eine Ladung Koreaner ergießt sich ins Gelände und drängelt sich um den vermeintlich besten Selfie-Spot. Aber nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und es bleiben nur noch ein paar Individualreisende übrig. Die neuen Metallstege sind für jeden gut zu erlaufen, aber dazwischen finden sich doch noch ein paar Abschnitte, wo es keine angelegten Wege gibt und man sich seinen Weg über Wurzeln und Steine selbst suchen muss. Von uns eine klare Empfehlung, besonders wenn in absehbarer Zeit die Bauarbeiten beendet sind und man von beiden Seiten ins Tal und auf die Wasserfälle schauen kann.

Danach machen wir noch einen Abstecher zum Skjervsfossen, aber zugegebenermaßen kann er bei uns jetzt nicht mehr punkten. Auch wenn er über 150m hoch ist.

Die Halbinsel zwischen Odda und Jondal, die in den Hardangerfjord hineinragt, haben wir auf der Durchreise nur gestreift und lediglich am Låtefossen mehr Zeit verbracht. Aber das ist natürlich nicht der einzige Wasserfall, den es hier zu bestaunen gibt. in Stück nördlich liegen sich der Tjørnadalsfossen und der Strandsfossen am Ufer des Sandvinvatnet fast genau gegenüber. Beide sind am besten vom gegenüberliegenden Ufer zu sehen.

Odda selbst trägt noch tiefe Spuren der früheren und aktuellen Industrie. Es gibt durchaus noch schöne alte Holzhäuser, aber meist Tür an Tür mit modernen Wohngebäuden. Wir konnten nicht viel Schönes finden und haben hier nicht viel Zeit verbracht.

Utne dagegen, ist ein kleiner Ort im Norden der Halbinsel und mit seinen weißen Holzhäusern sehr hübsch. Außerdem beginnt hier der angeblich schönste Teil der Landschaftsroute Hardanger. Tatsächlich führt die Strasse Richtung Jondal durch kleine Dörfer und Apfelplantagen und man hat auch schöne Ausblicke auf den Fjord. Aber selbst für uns erprobte einspurig-mit-Gegenverkehr-Fahrer ist die schmale Fahrbahn eine Herausforderung und wir sind froh, dass an diesem Abend ausser uns kaum jemand hier unterwegs ist. Wie das im Sommer mit mehr Touristen und Wohnmobilen funktioniert ist uns ein Rätsel. Über weite Strecken gibt es rechts und links weder Leitplanken noch sonst eine Begrenzung und wir kriegen im Schneckentempo gen Süden. Ob wir nur zu müde waren oder schon zu voll mit anderen tollen Eindrücken, aber für uns hat sich der Weg nicht sonderlich von den anderen Fjordstrassen unterschieden.

Etwas weiter südlich befindet sich der Nationalpark Folgefonna, mit Norwegens drittgrößtem Gletscher. Der lugt immer mal wieder an Wegbiegungen durch die Wolkendecke. Gletscherwanderungen sind hier eine große Touristenattraktion. Wir finden aber auch den Rest sehr sehenswert! Vom reissenden Bach/Fluss Bondhuselva in Sundal über einen schönen Picknick-Platz in Dimmelsvik bis zu den Alpakas in Rosendal.

Wenn man kurz vor Dimmelsvik die Fv40 nimmt und dann auf Fjellhauvegen abbiegt, kommt man auf eine namenslose Straße, die immer weiter in die Berge führt. Hier liegt ein See neben dem anderen und an den meisten sind kleine Staudämme und Wasserkraftwerke. Theoretisch führt die Straße bis zum Gletschersee Mosevatnet, aber für uns ist leider 1,5km vorher an der Blåfalli IV Power Station Schluss. Das letzte Stück wird nicht geräumt und es liegen noch fast zwei Meter Schnee. Schade, aber auch bis hierhin hat sich der Weg gelohnt.

In unmittelbarer Nähe unseres Ferienhauses befindet sich der Hardanger Sky Space. Eine Kunstinstallation, die Sonnenauf- und -untergänge spektakulär erlebbar machen soll. Die Kritiken sind nicht schlecht und wir buchen uns zwei Tickets. Lustig finden wir schon die Info, dass man einfach klopfen soll, wenn man ankommt und wenn keiner die Tür aufmacht kann man den Schlüssel im nahegelegenen Hotel abholen. Wir klopfen, aber nix passiert, also auf zum Hotel. Der Sky Space ist ein kleines Gebäude und im Dach ist eine ovale Öffnung, durch die man den Himmel sieht. Die Innenwände werden, in unserem Fall, zum Sonnenuntergang unterschiedlich farblich angestrahlt, wodurch sich das menschliche Auge veräppeln lässt und die Farbe des Himmels sich auch ändert. Man sitzt also eigentlich nur auf einer Steinbank und starrt nach oben. Wir sind an diesem Abend die einzigen Besucher. Das ist auch gut so, denn einige treffsichere Möwen haben es geschafft durch die Dachöffnung zu sch…. und wir finden so gerade ein sauberes Plätzchen zum Sitzen. Es werden Isomatten zur Verfügung gestellt, denn Außentemperatur = Innentemperatur. Wir nutzen zwei zum drauf sitzen und zwei als Nackenrollen. Dann machen wir uns noch ein bisschen Chill-out Musik an und gucken eine Stunde den wechselnden Farben zu. Die Fotolinse lässt sich natürlich nicht veräppeln, weswegen die Fotos nicht genau das wiedergeben, was wir gesehen haben. Nicht das aufregendste Erlebnis, aber interessant. Und die Abendstimmung in Øystese gibt es als Sahnehäubchen oben drauf.

Da wir noch nicht genug Wasserfälle gesehen haben, darf ein Abstecher zum Steindalsfossen nicht fehlen. Den haben wir letztes Jahr zweimal auf der Durchreise gesehen, hatten aber keine Zeit ihn näher zu erkunden. Der Clou ist hier, dass man hinter dem Wasserfall durchlaufen kann. Auch das eine beliebte Sehenswürdigkeit, aber für uns ist die Besucheranzahl noch erträglich. Vor allem, wenn man den beliebten Selfie-Spot am Fuß des Wasserfalls meidet. Und das war für uns auch der letzte Stopp unserer Woche im Fjordland. Weiter geht es für uns an der Südküste.