Mainland ist zwar die größte der Inseln im Archipel der Orkneys, aber mit etwas über 520km² eher klein. Dafür ist die Dichte an vorhandenen Monumenten aus dem Neolithikum erstaunlich. Zwischen dem Loch of Horray und Loch of Stenness sind sie aufgereiht wie die Perlen einer Kette. Die Ausgrabungen sind noch im Gange und man erwartet weitere Stätten und noch mehr Informationen darüber, wie vor 5000 Jahren gelebt wurde, zu finden.
Der Ring of Brodgar hat über 100 m Durchmesser und von ursprünglich etwa 60 Steinen sind heute noch 27 erhalten. Drum herum wurde ein bis zu vier Meter tiefer und zehn Meter breiter Graben ausgehoben. Es gibt einen inneren Weg direkt an den Steinen vorbei und einen äußeren, hinter dem Graben. Wegen der Besuchermassen wird nur jeweils ein Weg genutzt, während der Boden des anderen sich erholen kann. Wir haben ein bisschen Pech und können nur außen rum. Dafür sind wir fast allein, da wir uns für einen Abendbesuch entschieden haben. Je nach Lichteinfall sehen die 2 bis 4,5 m hohen Steine immer wieder anders aus. Dazu kommt ein leichter Wind und Vogelgezwitscher. Sonst herrscht Stille, was die mystische Atmosphäre nur noch verstärkt.
Etwa 1,2 km weiter finden sich die Standing Stones of Stenness. Es stehen nur noch vier Steine eines kleineren Kreises, mit etwa 30 m Durchmesser. Sie ragen bis zu 5 Meter in den Himmel! Einzelne Monolithen sind über die ganze Gegend verteilt, immer in Sichtweite zu den Kreisen oder Maeshowe. Sie wurden wahrscheinlich dafür genutzt zu bestimmten Sonnen- und/oder Mondkonstellationen zu den Ringen oder Grabkammern zu weisen. Hinter den Standing Stones liegt das Barnhouse Village, Überreste einer neolithischen Siedlung, ähnlich wie Skara Brae. Nur ohne Eintritt und mit weniger Tamtam. Gerade im weichen Abendlicht eine fast surreale Erfahrung. Tagsüber kann es schnell voll werden, weil viele organisierte Touren auf dem Weg nach oder von Skara Brae hier halten.
Noch einmal 1,2 km weiter liegt schließlich Maeshowe. Erstmal nur ein größerer grasbewachsener Hügel, ist er schon von weitem zu sehen. Im Inneren verbirgt sich ein Kammergrab. Über einen engen, 10 m langen und etwa 120 cm hohen Gang geht es in die Hauptkammer. Von dieser gehen drei kleinere Nebenkammern ab, die aber nicht besichtigt werden können. Errichtet wurde die Kammer aus übereinander geschichteten bis zu 30 cm dicken und drei Meter langen Sandsteinplatten mit einem Durchschnittsgewicht von 2,5 Tonnen. Die Platten sind überhängend und nach oben enger zulaufend verbaut, damit Regenwasser ablaufen und nicht in die Kammer eindringen konnte. Im 12. Jahrhundert brach eine Gruppe Nordmänner durch die Decke und hat, aus welchem Grund auch immer, Runengraffiti auf den Wänden hinterlassen. Davon ist heute aber nur noch was zu erkennen, wenn man weiß, wonach man sucht. Die Decke wurde später aus Beton rekonstruiert. Ein Besuch ist nur mit offizieller Führung möglich. Wir ergattern die letzten verfügbaren Tickets für die Woche. Wer unbedingt hin möchte sollte also frühzeitig buchen. Im Inneren ist Fotografieren und Filmen nicht erlaubt, deshalb gibt es nur ein Screenshot aus dem Internet. Trotzdem ein interessanter Besuch. Die Gruppen könnte allerdings etwas kleiner sein, es wird schon ziemlich voll in der Grabkammer.
Andere Grabkammern sind mit weniger, bzw. anderem Aufwand zu besichtigen. Cuween Tomb liegt auf einem Hügel und man muss erstmal einen relativ steilen Weg hinauf. Die Kammer selbst ist fensterlos und stockfinster. Wer keine Taschenlampe dabei hat, kann darauf hoffen, dass die in der Box am Eingang funktioniert und die Batterien nicht leer sind. Wir haben Glück damit, denn unser Handylicht reicht nicht. Es ist trotzdem ein komisches Gefühl auf allen Vieren durch einen schmalen, engen Gang in völlige Finsternis zu krabbeln. Der Rückweg ist einfacher, da man das Licht draußen sehen kann. Drinnen stellt sich trotz Taschenlampe ein beengendes Gefühl ein. In die Nebenkammern müsste man durch noch engere Gänge kriechen, was wir aber lassen. Danach brauchen wir noch ein bisschen frische Luft und steigen auf den Hügel, wo Hobbybauer diverse Türme aus den herumliegenden flachen Steinen gebaut haben.
Wideford Hill Cairn ist über eine Dachluke und Leiter zugänglich. Wir denken, dass ist deutlich einfacher, als durch dunkle Gänge zu kriechen und machen uns auf den Weg. Der Parkplatz liegt zwei Drittel den namensgebenden Hügel hinauf. Was wir nicht wissen, ist dass die Grabkammer am Fuß auf der gegenüberliegenden Seite des Hügels liegt. Runter geht’s noch ganz gut, aber hinterher wieder hinauf ist schon anstrengend. Zumal uns dann auch noch ein strammer Wind entgegenbläst. Aber die Aussicht ist super und entschädigt für die Anstrengung! Da die abdeckende Erdschicht fehlt, sind die übereinander geschichteten Steinschichten klar sichtbar. Auch diesmal haben wir Glück und die bereitgestellte Taschenlampe funktioniert. Die Dachluke bekommen wir auf (schieben nicht heben!) und hangeln uns die schmale Eisenleiter hinunter. Enttäuschend ist die winzige Kammer in der wir dann stehen. Auch hier geht es durch am Boden liegende winzige Durchlässe in weitere Kammern, aber da müsste man quasi auf dem Bauch reinrobben, das ist uns dann doch zu viel.
Unstan Cairn dagegen verlangt uns nicht allzu viel ab. Der Hügel liegt nur ein kurzes Stück vom Parkplatz entfernt und der Gang ins Innere ist uns zwar zu niedrig zum durchwatscheln, aber auf Händen und Knien geht es ganz wunderbar. Zwei Dachfenster sorgen für viel Licht, so dass sich die einzelnen „Boxen“ in der Kammer gut erkennen lassen. Leider sorgt dieser Ausbau der Decke dafür, dass sich die Kammer nicht mehr so richtig authentisch anfühlt, sondern eher wie ein Nachbau im Museum.
Wem die Tombs zu gruselig und klaustrophobisch sind, wer aber trotzdem Spaß an alten Steinen hat, dem können wir noch den Broch von Gurness empfehlen. Es sind die Überreste eines dieser mysteriösen Türme und mit 20 m Durchmesser einer der größten. Die Mauern sind noch bis zu einer Höhe von 3,5 m erhalten. Um den Turm herum befand sich eine Siedlung und man kann durch die verbliebenen Steinfundamente und Mauerreste wandern. Direkt am Wasser gelegen ein wirklich schöner Ort. Einziger Wehmutstropfen ist der Eintrittspreis von £7,50 (online) und dass die Anlange, wie so oft, schon um 16:30 Uhr schließt. Zumindest als wir da waren, schloss aber nur der Ticket- und Gift-Shop, während man immer noch aufs Gelände konnte.
Auf dem Hin- oder Rückweg bietet sich ein Stopp am Taubenschlag in Rendall an. Mehrere tausend Tauben wurden hier im 17. Jahrhundert gehalten. Aber nicht nur um den Speiseplan, vor allem im Winter, zu ergänzen, sondern vor allem für ihren Guano, der als Dünger auf die Felder verteilt wurde. Heute sehen wir nur ein Paar auf dem kegelförmigen Gebäude, aber drinnen noch reichlich Guano 😉.