Schottland 2025 – Was sonst noch war und Abreise

Nachdem wir die nördliche Küste erkundet haben, machen wir noch einen Abstecher gen Süden. Der nächste Ort ist Dornoch mit einer schönen kleinen Kathedrale. Drinnen ist sie eher nüchtern, aber die Buntglasfenster sind mal wieder echt schön. Neben den üblichen Heiligen- und Bibel-Motiven finden sich auch zwei moderne Fenster, wie wir sie bisher noch nicht gesehen haben.  Und auch hier gibt es einen wunderbaren Strand, wenn er auch nicht ganz so verlassen ist, wie der in Embo.

Auf der kleinen Halbinsel direkt unterhalb von Dornoch geht es ziemlich  verschlafen zu. Wir statten der Meerjungfrau des Nordens einen Besuch ab, die an einem Steinstrand auf einem Felsen thront. Im Gegensatz zur berühmten Figur in Kopenhagen ist diese aber in Lebensgröße gehalten. Bei Flut hängt die Flosse im Wasser. Toll! Das Highlight ist aber Tarbat Ness Lighthouse. Fröhlich rot-weiß geringelt inmitten von blühendem Ginster und Heide, vor einem blau-weißen Himmel lässt er unser Fotografenherz höher schlagen!

Schließlich geht aber auch dieser lange Urlaub seinem Ende entgegen und wir begeben uns auf den Heimweg. Natürlich nicht einfach so, sondern mit ein paar Zwischenstopps. Der erste ist bei den Shin Falls. Erst sind wir etwas enttäuscht, denn was so groß angepriesen wird ist ein eher überschaubarer kleiner Wasserfall. Aber dann erhaschen wir aus dem Augenwinkel einen dunklen Punkt im Wasser, der blitzschnell wieder verschwunden ist. Hier sind Lachse den Fluss hinauf unterwegs zum Laichen. Und sie springen an den Falls! Das Ganze passiert so schnell, dass es nur zufällig zu fotografieren ist. Wir haben deswegen ein Bild aus einem Video exportiert. Wir entschuldigen uns für die dürftige Qualität. Es ist jetzt nicht so, dass ständig die Fische durch die Gegend fliegen, aber ein paar haben wir gesehen.

Dann geht es weiter nach Fortrose, wo wir uns die Ruine der alten Kathedrale ansehen, bevor wir uns in Blair Atholl im Atholl Arms Hotel  für die Nacht einquartieren. Ein typisches, leicht in die Jahre gekommenes, Landhotel. Der Speisesaal ist großartig und wir haben ihn zum Abendessen ganz für uns 😁.

Theoretisch hätten wir hier Blair Castle & Gardens besuchen wollen, aber die Öffnungszeiten und wir waren mal wieder nicht kompatibel. Stattdessen gibt es einen ausgiebigen Abendspaziergang durch Blair Atholl. Vorbei am kleinen weißen Bahnübergangswärterhäuschen und der alten Wassermühle zum Fluss Garry und weiter zum Flüsschen Tilt zwischen den ins Sonnenuntergangslicht getauchten grünen Hügeln. Sehr schön!

Am nächsten Morgen gibt es nochmal ein Full Scottish Breakfast, bevor es für uns auf die letzte britische Etappe geht. Die führt uns erstmal nach Jedburgh Abbey, die einzige der vier großen „Border Abbeys“, die wir noch nicht besucht haben. In unseren vorherigen Urlauben war sie wegen Reparaturen geschlossen. Es stehen immer noch ein paar Absperrungen herum, aber das ist nicht schlimm. Im Steinhaus gibt es allerlei interessante Informationen zum Bau der Abtei, der fast 120 Jahre gedauert hat. Und dann kamen irgendwelche Grenzkonflikte und alles wurde wieder zerstört. Im Prinzip war es immer eine Baustelle. Wir lernen mit welchen Werkzeugen und Methoden die hohen Mauern und Gewölbe errichtet wurden. Und versuchen am Modell selbst einen Steinbogen zu bauen. Natürlich stürzen die kleinen Quader beim ersten Versuch gleich wieder mit lautem Getöse ein. Aber beim zweiten Mal klappt es! Von uns eine klare Empfehlung, wenn man denn alte Steine mag 😊.

Der Restweg nach Newcastle und das Einschiffen auf der Princess Seaways erledigen sich fast von selbst. Das haben wir in den letzten Jahren auch oft genug gemacht 😉. Als die Hafenmole und Silhouette der Stadt langsam am Horizont verschwinden wird uns wie immer ein bisschen wehmütig. Schön war’s und wir kommen ganz bestimmt wieder!

 

 

Schottland 2025 – Caithness & Sutherland

Unser schottisches Abenteuer geht noch weiter. Wir verlassen die kleinen Inseln und nehmen die Fähre auf die große Insel.  Die 32 Meilen schafft die MV Hamnavoe in etwa 2 Stunden. Dabei geht es vorbei an der Insel Hoy und ihrem Wahrzeichen, dem Old Man of Hoy. Das ist eine Felsnadel, die dekorativ vor der Küste aufragt. Die Überfahrt ist die bequemste Art sie zu sehen. Alternativ kann man nach Hoy übersetzen und in einer 20 Kilometer Rundwanderung zur Küste laufen. Tatsächlich können wir auf den Klippen winzige Menschlein herumlaufen sehen! Über Hoy ziehen dramatische Wolkenberge durch die Hügel, aber wir haben Glück und bleiben fast die ganze Fahrt über im Sonnenschein. Unser nächstes Ziel sind die Grafschaften Caithness und Sutherland, der Nordosten Schottlands den wir bisher noch nicht kennen.

Theoretisch könnten wir direkt die Ostküste hinunterfahren um zu unserem nächsten Domizil in Embo zu gelangen. Aber wir haben gelesen, dass die A836 zwischen Thurso und Durness die schönste Scenic Route in den Highlands sein soll. Und die führt uns erstmal in die entgegensetzte Richtung nach Westen. Am Anfang sind wir schon enttäuscht, denn so besonders „scenic“ finden wir die Aussicht nicht. Es geht ein Stück von der Küste weg über eher schlechte Straßen, ohne große Oh-wie-schön-Momente. Dann kommt das Kernkraftwerk Dounreay in Sicht und wir denken endgültig – das war keine so gute Idee. Außerdem sind uns die engen Straßen viel zu voll! Wir befinden uns nämlich auf der North Coast (NC) 500, dem mittlerweile ziemlich berühmten und beliebten Rundkurs, der einmal um die schottische Nordküste führt. Der Andrang hat schon fast Übertourismusniveau erreicht und belastet Infrastruktur und Anwohner zunehmend. In weiten Teilen geht es über einspurige Straßen mit den uns schon wohl bekannten Ausweichstellen, um den Gegenverkehr – oder drängelnde Verfolger – passieren zu lassen. Für unser agiles Cashermobil und seinen erfahrenen Piloten kein Problem, aber für unerfahrene oder unsichere Wohnmobilfahrer wird das schon mal schwierig. Wir machen Pause im Couthie Café, dann gut gestärkt einen Strandspaziergang am wunderschönen Melvich Beach und treffen endlich auf echte Highland Kühe, was uns wieder mit der Welt versöhnt.

Je weiter wir uns von der Küste entfernen, umso mehr entwickelt sich die A836 zu der Scenic Route, die wir erwartet hatten. Am Horizont tauchen die ersten Hügel im Dunst auf und davor erstreckt sich die Heidelandschaft unter einem echt dramatischen Himmel! Im Tal von Borgie steigen wir auf den Hügel mit der mysteriösen Skulptur „The Unknown“ und holen uns gleich noch eine Dosis Waldentspannung dazu. Die Skulptur ist ein überlebensgroßes bronzefarbenes Skelett, das sinnierend ins Tal blickt. Eine Erläuterung zu Bedeutung und was „Unknown“ ist, gibt es nicht, da kann sich also jeder selbst seine Gedanken zu machen. Der Ausblick ist den kleinen Aufstieg allemal wert! Bevor wir die Küste endgültig verlassen verwöhnt uns ein Viewpoint noch mit einer schönen Aussicht auf die Rabbit Islands, kleine nur von Kaninchen bewohnte, Inselchen  in der Bucht von Tongue.

Bis nach Durness werden wir es heute nicht schaffen, denn wir fahren immer noch in die falsche Richtung und müssen irgendwann wieder nach Osten zurück. So folgen wir der A836, die bei Tongue südwärts abbiegt und bekommen ein wahres Landschaftsspektakel geboten! Nur schade, dass es so wenig Parkplätze bzw. Haltemöglichkeiten auf der einspurigen Straße gibt. Aber wo immer wir ein Plätzchen finden, müssen wir halten und die wunderbaren Highlands genießen! Es gibt dunkle Hügel, Heide, Moor, Flüsschen, kleine Lochs, Wasserfälle und ein Licht, wie es nur im Norden zu finden ist! Der Wettergott ist uns wohlgesinnt und zaubert tolle Wolkenspiele in den Himmel, aber es bleibt trocken und oft sonnig.

Unsere persönliche Empfehlung für die A836 ist also der Abschnitt quer durch die Highlands von Tongue bis Lairg. Die Küste kann man mitnehmen, aber da haben wir schon schönere Strecken gemacht. In Lairg geht es für uns dann endgültig nach Osten, bis wir endlich unser Ziel in Embo erreichen.

Der Strand von Embo liegt direkt vor unserer Tür. Wir können vom Wohnzimmerfenster die Dünen und sogar ein Stück Sand sehen! Er ist kilometerlang und in der Vorsaison nur mäßig besucht. Wir sind meistens ganz allein 😀. Der ziemliche große Caravanpark in der Nachbarschaft lässt allerdings vermuten, dass das im Hochsommer anders sein wird.

Uns zieht es nochmal die Ostküste hinauf, denn die soll gerade am nördlichsten Punkt – Dunnet Head – sehr schön sein. Also nix wie hin. Allerdings sind die Entfernungen hier doch deutlich weiter, als wir es aus den letzten Wochen gewöhnt sind. Aber was sein muss, muss sein.

Zuerst geht es quer durch das, was Flow-Country genannt wird. Mit 4.000qm² ist es das größte Hochmoor Europas, das eine Torfschicht von mehreren Metern gebildet hat. So tief, dass man laut Infotafel einen Doppeldeckerbus darin versenken könnte! Dazwischen immer wieder Moortümpel und sonst nicht viel woran sich das Auge festhalten könnte. Ein einzigartiger Lebensraum, und ein riesiger CO2-Speicher. Seit man das verstanden hat, wird daran gearbeitet, das Gebiet zu erhalten und verlorene Teile, die für die Waldwirtschaft trocken gelegt wurden, wieder zurück zu verwandeln. Seit kurzem ist es außerdem UNESCO Weltkulturerbe.

Aber wir wollen zum Harold’s Tower, einem kuriosen Bauwerk, das fotogen auf einer kleinen Erhöhung steht. Leider ist das umgebene Feld bei unserem Besuch keine Viehweide – über die wir wahrscheinlich einfach drüber gelaufen wären – sondern ein Feld voller Weizen. Da wollen wir natürlich nix kaputt machen und so bleibt es beim Anblick aus der Ferne.

Castletown Beach hatten wir für heute gar nicht auf dem Programm, aber es ist so windig, dass die Kronen der hereinrollenden Wellen in Schleiern hoch und zurück geweht werden. Das müssen wir uns natürlich näher ansehen. Dankeswerterweise ist den meisten Besuchern der Weg über das kurz Stück Steinstrand zu beschwerlich und sie bleiben in der Nähe vom Parkplatz. So haben wir das Spektakel auf ganzer Breite für uns 😍. Um es richtig zu erfassen braucht es natürlich Bewegtbilder, die wir auch reichlich machen. Aber die sind noch nicht auf zuschauerfreundliche Länge geschnitten 😉.

Dann erreichen wir Dunnet Head, den nördlichsten Punkt Schottlands und somit der britischen Hauptinsel. Es ist so windig, dass wir uns ordentlich gegen die Böen stemmen müssen, aber das macht uns ja nichts aus. Auf dem Parkplatz stehen diverse Wohnmobile mit Insassen, die mehr oder weniger die Aussicht genießen und die besten Plätze blockieren. Ob sie sich auch nach draußen getraut haben, können wir nicht sagen. Im-Auto-Sitzen ist hier aber definitiv eine weit verbreitete Beschäftigung. Der Leuchtturm ist nett, aber nicht spektakulär. Auf das Gelände selbst kann man nicht. Stattdessen geht es weiter zum Aussichtspunkt und zum Spaziergang über die Klippen. Ebenfalls nett, aber auch da hatten wir diesen Urlaub schon Besseres (jaja, jammern auf sehr hohem Niveau 😇). Immerhin denken wir daran, den Geocache noch zu heben!

Am Brough Pier kann man oft Seehunde sehen (wir natürlich nicht 😔), aber dafür gibt es ein hübsches Häuschen mit roter Tür und Fensterläden, sowie freistehende Felsen vor der Küste. Wir würden allerdings empfehlen, das Auto oben stehen zu lassen und nicht so wie wir schwungvoll abzubiegen. Ehe wir uns versehen sind wir schon zu weit die Holperpiste runter um noch zurück oder wenden zu können. Unten gibt es aber tatsächlich einen ausgewiesenen Besucherparkplatz!

Ein Stück weiter nach Südosten liegt John O’Groats und Duncansby Head. Wer nur Zeit für einen Stopp hat sollte definitiv diesen wählen. Der Weg zum Leuchtturm und weiter zu den Felspyramiden vor der Küste ist schön zu laufen und lohnt sich! Als Bonus sehen wir auch nochmal Papagaientaucher, die aber noch scheuer sind, als die, die wir bisher gesehen haben und kaum lange genug für ein Foto still halten. Der böige Wind tut sein übriges. Aber wir schaffen es! Man könnte  noch weiter an der Küste entlang laufen, aber die vom Wind hochgepeitschte und nach oben getragene Gischt hat uns die ganze Brille verknast. Und der unbefestigte Weg ist bei diesen Windverhältnissen auch nicht so wirklich. Das hat aber definitiv Wiederholungspotential!

Noch ein Stück weiter südlich machen wir eine sehr schöne Abendrunde am Noss Head. Vom Parkplatz kann man direkt zum Castle Sinclaire Grinigoe laufen, oder man macht eine größere Runde am Leuchtturm vorbei. Die Bewohner (wie cool ist das denn, im Leuchtturm zu wohnen?!) haben nichts dagegen, wenn man – zu Fuß – die Zufahrtsstraße nutzt, solange man nicht direkt auf das Gelände direkt am Leuchtturm geht. Wobei Straße auch eine beschönigte Bezeichnung ist. Das hätten wir dem Cachermobil sowieso nicht zugemutet! Am Leuchtturm vorbei geht es auf mehr oder weniger erkennbaren Trampelpfaden über die Klippen zum Castle. Also zur Ruine, denn mehr ist davon nicht mehr übrig. Aber sie thront auf einer winzigen Landzunge über dem Meer und ist frei zugänglich. Es gibt sicher besser erhaltene Gemäuer und die vielen Metallstützen und Absperrungen helfen auch nicht, aber die Lage, das weiche Abendlicht und die Einsamkeit holen das alles wieder raus!

Noch ein Stückchen weiter südlich, in Whaligoe, kann man über eine in die Felswand geschlagene Treppe von den Klippen bis zum Meer hinunter steigen. Natürlich sollte einem bewusst sein, dass man die von uns gezählten insgesamt 330 Stufen hinterher auch wieder rauf muss 😉. Unten bietet sich ein einzigartiger Blick die steile Felswand hinauf und auf die Brandung, die in die kleine Bucht rollt. Wer die Mühe nicht scheut, unbedingt machen! Es ist allerdings schon ein kleiner Touristen Hotspot. Oben gibt es nur einen winzigen Parkplatz, da kann es auf der kleinen Zufahrtsstraße und beim Rangieren schon mal eng werden. Die Stufen sind teilweise sehr steil, bröckelig und ohne richtige Absicherung zur Seeseite. Bei schlechtem Wetter hätten wir es uns bestimmt zweimal überlegt, aber wir haben gutes Timing, ergattern einen der begehrten regulären Parkplätze und schaffen die Tour runter und wieder rauf ohne Stau auf der Treppe und bevor der nächste Regenschauer niederprasselt. Allerdings lassen wir deswegen den Küstenweg auf den Klippen rechts und links der Bucht  aus.

An der ganzen Küste liegen kleine Häfen. Besonders nett fanden wir Lybster Harbour, mit seinem niedlichen weißen Leuchtturm am Ende des Piers und den zufrieden vor sich hinschaukelnden Fischerbooten. Wer möchte kann hier auch eine Pause im Heimatmuseum und Café „Waterlines“ einlegen. Allerdings hat es, wie so viele Einrichtungen in Schottland, eher lustige Öffnungszeiten, aktuell Do-Sa von 10 bis 15 Uhr.

Golspie liegt von unserem Ferienhaus gerade mal 15 Autominuten entfernt. Dort findet sich eine Top Attraktion der Gegend: Dunrobin Castle. Es ist das nördlichste Herrenhaus Schottlands. Es zählt zu den ältesten durchgehend bewohnten Häusern Großbritanniens und stammt aus dem frühen 14.  Jahrhundert.  Es war Sitz der Grafen und später der Herzöge von Sutherland. Mit seinen runden hoch aufragenden Spitztürmchen und aus hellem Stein erbaut, sieht es ein bisschen nach Märchenschloss aus. Von den angeblich 189 Räumen sind 18 zu besichtigen. Das sind die Räume der Familie und auch einige Zimmer des Personals, die den gigantischen Apparat versorgten und am Laufen hielten. Zum Meer hin schließt sich eine schöne Gartenanlage an, die man über diverse Treppen erreicht. Hat man seinen Besuch entsprechend geplant, finden im Garten zweimal am Tag Vorführungen der Falknerei statt. Es gibt außerdem ein Museum, aber soweit sind wir gar nicht gekommen. Im Schloss alleine gibt es soviel zu sehen in all den Vitrinen, Schränken, auf Bildern, Möbeln und jeder Raum ist mit mehrsprachlichen Erklärtafeln ausgestattet. Alles macht einen sehr stimmigen Eindruck und ist wirklich spannend zu erkunden. Der Eintritt ist mit £15,50 nicht billig, aber dafür ist alles inklusive. Je nach Aufenthaltsdauer und Laune gibt es noch einen Teamroom und einen Kaffeewagen im Hof. Der obligatorische Shop darf natürlich auch nicht fehlen. Obwohl wir anfangs etwas besorgt ob des Besucheransturms sind, aber dann verläuft sich die Menge im weitläufigen Schloss und Garten. Auch hier sollte man im Hinterkopf haben, dass spätestens um 17:00 Uhr alles geschlossen wird. Wir haben uns ziemlich lange (inkl. Flugschau) aufgehalten, war uns den Eintrittspreis also wert!

Als Kontrastprogramm bietet sich ein Abstecher zu Golspie Burn Waterfall & Gorge an. Der Wasserfall selbst ist nicht so spektakulär, aber der Weg dorthin führt durch eine schön verwunschene Schlucht. Immer am Flüsschen Golspie entlang, das fröhlich über Stock und Stein plätschert. Es geht über Stege und Holzbrücken von einem Ufer zum anderen. Von oben fällt der Sonnenschein (wenn denn die Sonne scheint) wie ein Flickenteppich in die Schlucht – schön gemacht und schön zu laufen!

Ein kleines Stück weiter an der vielbefahrenen A9 liegt Carn Liath Broch, die Überreste eines Turms mit ein paar Nebengebäuden. Über eine relativ gut erhaltene Treppe kann man auf die Mauerkrone klettern und oben komplett rum gehen. Ohne Eintritt und ohne andere Besucher! Einzig der ziemlich nah vorbeirauschende Verkehr stört den Gesamteindruck ein bisschen.

 

Schottland 2025 – Orkney, Kirkwall und der Osten

Kirkwall ist mit etwa 10.000 Einwohnern der größte Ort der Orkneys und das Verwaltungszentrum der Inselgruppe. Es ist also alles zu finden, was im Alltag so gebraucht wird. Seit der Hafen erweitert wurde laufen jedes Jahr rund 100 Kreuzfahrtschiffe Kirkwall an. Das reicht von kleinen erlesenen Schiffen mit nur 250 Passagieren bis zu den hoch aufragenden Riesenschiffen mit mehreren tausend Reisenden. Es lohnt sich also einen Blick auf die Webseite des Hafens zu werfen, bevor man einen Besuch in der Stadt plant, um Gedränge zu vermeiden. Das Herzstück der Stadt ist die Kathedrale St. Magnus aus dem 12. Jahrhundert. Aus rotem Sandstein erbaut macht sie, besonders wenn die Sonne scheint, einen freundlichen und zugleich erhabenen Eindruck. Drinnen wirkt es überraschend luftig und die Buntglasfenster (wir sind Fans!) sind wunderschön.

Gegenüber der Kathedrale liegt die Ruine des Bishop’s Palace, der ebenfalls im 12. Jahrhundert für den ersten Bischoff – William the Old – errichtet wurde. Von diesen Ursprüngen ist allerdings nicht mehr viel übrig, das Meiste, was heute noch zu sehen ist, stammt von einer Restaurierung und Erweiterung im 16. Jahrhundert. Auch der Turm, den man besteigen kann, wurde in dieser Zeit errichtet. Von oben hat man einen tollen Blick auf die Kathedrale! Im Kombiticket kann man auch den Earl’s Palace direkt nebenan besichtigen, der aber auch nur noch eine – zumindest besser erhaltene – Ruine ist. In den ehemaligen Kellerräumen sind diverse Spiele aufgebaut, mit denen man sich gut einen Regenschauer lang beschäftigen kann 😉.

Kirkwall ist auch Sitz der nördlichsten Whiskybrennerei in Schottland – der Highland Park Distillery. Wir wurden schon oft gefragt, ob wir in Irland oder Schottland denn nicht mal eine Brennerei besucht hätten? Bisher nicht, aber das haben wir jetzt nachgeholt. Angeberwissen für die nächste Party: In Schottland und Kanada gebrannt ist es Whisky. In Irland und USA hergestellt ist es i.d.R. Whiskey. Das „e“ kam angeblich hinzu, weil sich irische Brennereien von den schottischen Konkurrenzprodukten unterscheiden wollten. Nach umfangreicher Renovierung und Modernisierung hat Highland Park erst im Frühjahr 2025 wieder den Betrieb aufgenommen und die Türen für Besucher geöffnet. In sehr informativen und kurzweiligen 75 Minuten erfahren wir enorm viel über den Prozess der Whisky-Herstellung.  Erstaunlicherweise hat sich in den letzten 225 Jahren gar nicht so viel am Herstellungsprozess geändert. Die Gerste wird immer noch über Torfrauch getrocknet, auch wenn man jetzt nicht mehr mit Kohle zu feuert, sondern Heißluft verwendet. Und die alten Holzbottiche zum Maischen und Fermentieren wurden jetzt durch blitzendes Metall ersetzt. Am Ende landet das Destillat dann in Eichenfässern, wo er mindestens 12 Jahre lagert, bevor er in Flaschen abgefüllt wird. Für noch (viel) länger gelagerte Exemplare können schon mal mehrere tausend (!) Pfund pro Flasche auf dem Preisschild stehen. Uns erstaunt, was aus nur drei Grundzutaten (Wasser, Gerste, Hefe) am Ende an Geschmacksnoten herauskommt, sogar für unsere ungeschulten Sinne. Und natürlich dürfen wir auch ein, zwei, drei „dram“ – die Einheit, in der der Whisky ausgeschüttet wird, ca. 25-35 ml, also „ein Schlückchen“ – probieren 😊.

Östlich von Kirwall nimmt die Anzahl an Sehenswürdigkeiten und damit auch die Bevölkerungs- und Besucherdichte etwas ab. Dafür hat fast jede Landzunge (= Head) ihren eigenen Coastal Walk und macht damit die Landschaft selbst zur Sehenswürdigkeit. Die Wege reichen von gut angelegt bis zum Trampelpfad und führen meistens direkt an der zerklüfteten Küste entlang. Der östlichste ist Mull Head. Es geht vorbei an einer Höhle mit eingestürzter Decke (The Gloup) zu einen Brough. Der ist aber nur über abenteuerliche Wege, die uns wie Indiana Jones fühlen lassen, und ein Geröllfeld erreichbar. Wir gestehen, für uns ist am Geröllfeld Schluss. Der Urlaub ist zu schön für einen verstauchten Knöchel 😉. Aber auch so ist es ein toller Spaziergang. Die Küste sieht hinter jeder Kurve anders aus und überall blüht die Strandnelke und das Wollgras 😍. Daumen hoch von uns!

Etwas weiter südlich ist der Roseness Coastal Walk kürzer und auch nicht so dramatisch. Es gibt ebenfalls ein „Gloup“, aber der ist eingezäunt, einen quadratischen Steinturm, dessen Funktion nicht geklärt ist und einen Leuchtturm.  Dazu neugierige Kühe, scheue Schafe, Wind und Wellen satt. Und obwohl die Landzunge eher klein ist, hat man das Gefühl von unendlicher Weite. Ebenfalls empfehlenswert!

Noch weiter südlich verlässt man unmerklich Mainland Orkney und es geht über die sogenannten „Churchill Barriers“ und die winzigen Inselchen Lamb Holm und Glimps Holm nach Burray und South Ronaldsay. Diese Barrikaden ließ Churchill im zweiten Weltkrieg errichten, um die britische Flotte in der Bucht von Scapa Flow vor Angriffen durch die deutsche Marine zu schützen. Ein U-Boot hatte in der Durchfahrt ein Schlachtschiff versenkt und dadurch eine kleine Blockade gebildet. Die Dämme, die die einzelnen Inseln heute miteinander verbinden verhinderten dann den Zugang vollständig. Zum Bau  wurden italienische Kriegsgefangene herangezogen. Weil diese aber nach den Genfer Konventionen nicht für militärische Zwecke eingesetzt werden durften, wurden die Barrikaden als notwendige Infrastrukturmaßnahme deklariert. Ironischerweise wurden sie erst kurz nach Kriegsende fertiggestellt und dienen damit wirklich nur zivilen Zwecken. In den Gewässern um die Barriers liegen heute noch diverse Schiffswracks, die mit dem Gezeiten mal mehr und mal weniger aus dem Wasser ragen. Sehr skurril, aber offensichtlich ein sehr beliebtes Tauchgebiet. Und immer wieder weiße Sandstrände dazwischen!

Die Kriegsgefangen haben in ihrem Lager auf Lamb Holm aus zwei Wellblechhütten eine Kapelle gebaut, die man heute noch besichtigen kann. Die Front ist weiß gestrichen mit roten Akzenten. Sehr hübsch! Erst von der Seite fällt  die ungewöhnliche halbrunde Form des Gebäudes auf. Viel Baumaterial gab es nicht, deshalb wurden Wände und Decken so kunstvoll bemalt, dass es aussieht wie Säulen, Gewölbebögen und Steinmetzarbeiten. Das Taufbecken wurde aus einem mit Beton überzogenen Auspuff hergestellt und die Kerzenhalter aus alten Dosen gebastelt. Erst dachten wir, es lohnt sich nicht £4 Eintritt zu zahlen, nur um einen Raum zu sehen, aber im Nachhinein sind wir froh, dass wir es gemacht haben.

St. Margaret’s Hope liegt auf South Ronaldsay und wurde nach der Prinzessin Margaret benannt,  deren Mitgift Orkney und Shetland waren und die tragischer Weise auf dem Weg zu ihrer Hochzeit in Schottland auf Orkney verstarb. Von hier gibt es eine Katamaran Autofähre, die in knapp einer Stunde Schottland Mainland (ja auch die ganz große britische Insel wird Mainland genannt, sehr verwirrend!) erreicht. Hätten wir das vorher gewusst, wäre das wahrscheinlich unsere Wahl für unsere Weiterreise gewesen. Es ist nicht nur schneller ist als die Verbindung von Stromness nach Scrabster, sondern liegt auch viel näher an unserem Ferienhaus. Aber unsere Route hat auch so einiges zu bieten, wir berichten im nächsten Beitrag 😉.

Der Rundweg am Hoxa Head führt zu einer Küstenartilleriebatterie aus dem zweiten Weltkrieg. Sie besteht aus Beobachtungs- und  Geschütztürmen, Unterkunfts- und andern nicht näher definierten Gebäuden. Nicht unbedingt das, was wir im Urlaub besichtigen müssen, aber in Reiseführern und den einschlägigen Internetquellen wir es als Sehenswürdigkeit angepriesen. Es ist ein weiteres Zeugnis für die strategische Bedeutung der Inseln in beiden Weltkriegen. Heute sind die Betonhäuschen zumindest ganz praktisch als Unterstand im unbeständigen orkadischen Wetter. Im Kontrast dazu blühen am ganzen Weg Strandnelken, Klee und riesiger knallroter Klatschmohn. Das gefällt uns.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Insel liegt die kleine Kirche St. Peter und dahinter eine alte Schiffswinde, ein Steinhaufen (vielleicht die Überreste eine kleinen Windmühle?) und der Millenium Stone dekorativ direkt am Meer aufgereiht. Auch hier könnte man noch weiter laufen, aber es zieht neuer Regen auf und motiviert uns, lieber den Heimweg anzutreten. In den Feldern sehen wir immer wieder einzelne Monolithen, die meisten allerdings nicht gut zugänglich. Einem Stopp am Sorquoy Standing Stone können wir dann aber doch nicht widerstehen und sind hinterher durchnässt und froh, uns schnell im Ferienhaus wieder aufwärmen zu können. Die Wege sind hier ja glücklicherweise alle ziemlich kurz 😊.

Wir haben uns wirklich viel Mühe gegeben, es aber nicht geschafft unsere komplette To-See-Liste abzuarbeiten. Es gibt einfach zu viel zu sehen auf Orkney! Und dann sind da noch die umliegenden Inselchen, von denen einige sicherlich auch einen Besuch wert sind. Auch hier werden wir wohl nochmal herkommen müssen 😁.

 

 

 

 

 

 

Schottland 2025 – Orkney, das steinerne Herz

Mainland ist zwar die größte der Inseln im Archipel der Orkneys, aber mit etwas über 520km² eher klein. Dafür ist die Dichte an vorhandenen Monumenten aus dem Neolithikum erstaunlich. Zwischen dem Loch of Horray und Loch of Stenness sind sie aufgereiht wie die Perlen einer Kette. Die Ausgrabungen sind noch im Gange und man erwartet weitere Stätten und noch mehr Informationen darüber, wie vor 5000 Jahren gelebt wurde, zu finden.

Der Ring of Brodgar hat über 100 m Durchmesser und von ursprünglich etwa 60 Steinen sind heute noch 27 erhalten. Drum herum wurde ein bis zu vier Meter tiefer und zehn Meter breiter Graben ausgehoben. Es gibt einen inneren Weg direkt an den Steinen vorbei und einen äußeren, hinter dem Graben. Wegen der Besuchermassen wird nur jeweils ein Weg genutzt, während der Boden des anderen sich erholen kann. Wir haben ein bisschen Pech und können nur außen rum. Dafür sind wir fast allein, da wir uns für einen Abendbesuch entschieden haben. Je nach Lichteinfall sehen die 2 bis 4,5 m  hohen Steine immer wieder anders aus. Dazu kommt ein leichter Wind und Vogelgezwitscher. Sonst herrscht Stille, was die mystische Atmosphäre nur noch verstärkt.

Etwa 1,2 km weiter finden sich die Standing Stones of Stenness. Es stehen nur noch vier Steine eines kleineren Kreises, mit etwa 30 m Durchmesser. Sie ragen bis zu 5 Meter in den Himmel! Einzelne Monolithen sind über die ganze Gegend verteilt, immer in Sichtweite zu den Kreisen oder Maeshowe. Sie wurden wahrscheinlich dafür genutzt zu bestimmten Sonnen- und/oder Mondkonstellationen zu den Ringen oder Grabkammern zu weisen. Hinter den Standing Stones liegt das Barnhouse Village, Überreste einer neolithischen Siedlung, ähnlich wie Skara Brae. Nur ohne Eintritt und mit weniger Tamtam. Gerade im weichen Abendlicht eine fast surreale Erfahrung. Tagsüber kann es schnell voll werden, weil viele organisierte Touren auf dem Weg nach oder von Skara Brae hier halten.

Noch einmal 1,2 km weiter liegt schließlich Maeshowe. Erstmal nur ein größerer grasbewachsener Hügel, ist er schon von weitem zu sehen. Im Inneren verbirgt sich ein Kammergrab. Über einen engen, 10 m langen und etwa 120 cm hohen Gang geht es in die Hauptkammer. Von dieser gehen drei kleinere Nebenkammern ab, die aber nicht besichtigt werden können. Errichtet wurde die Kammer aus übereinander geschichteten bis zu 30 cm dicken und drei Meter langen Sandsteinplatten mit einem Durchschnittsgewicht von 2,5 Tonnen. Die Platten sind überhängend und nach oben enger zulaufend verbaut, damit Regenwasser ablaufen und nicht in die Kammer eindringen konnte. Im 12. Jahrhundert brach eine Gruppe Nordmänner durch die Decke und hat, aus welchem Grund auch immer, Runengraffiti auf den Wänden hinterlassen. Davon ist heute aber nur noch was zu erkennen, wenn man weiß, wonach man sucht. Die Decke wurde später aus Beton rekonstruiert. Ein Besuch ist nur mit offizieller Führung möglich. Wir ergattern die letzten verfügbaren Tickets für die Woche. Wer unbedingt hin möchte sollte also frühzeitig buchen. Im Inneren ist Fotografieren und Filmen nicht erlaubt, deshalb gibt es nur ein Screenshot aus dem Internet. Trotzdem ein interessanter Besuch. Die Gruppen könnte allerdings etwas kleiner sein, es  wird schon ziemlich voll in der Grabkammer.

Andere Grabkammern sind mit weniger, bzw. anderem Aufwand zu besichtigen. Cuween Tomb liegt auf einem Hügel und man muss erstmal einen relativ steilen Weg hinauf. Die Kammer selbst ist fensterlos und stockfinster. Wer keine Taschenlampe dabei hat, kann darauf hoffen, dass die in der Box am Eingang funktioniert und die Batterien nicht leer sind. Wir haben Glück damit, denn unser Handylicht reicht nicht. Es ist trotzdem ein komisches Gefühl auf allen Vieren durch einen schmalen, engen Gang in völlige Finsternis zu krabbeln. Der Rückweg ist einfacher, da man das Licht draußen sehen kann. Drinnen stellt sich trotz Taschenlampe ein beengendes Gefühl ein. In die Nebenkammern müsste man durch noch engere Gänge kriechen, was wir aber lassen. Danach brauchen wir noch ein bisschen frische Luft und steigen auf den Hügel, wo Hobbybauer diverse Türme aus den herumliegenden flachen Steinen gebaut haben.

Wideford Hill Cairn ist über eine Dachluke und Leiter zugänglich. Wir denken, das ist deutlich einfacher, als durch dunkle Gänge zu kriechen und machen uns auf den Weg. Der Parkplatz liegt zwei Drittel den namensgebenden Hügel hinauf. Was wir nicht wissen, ist dass die Grabkammer am Fuß auf der gegenüberliegenden Seite des Hügels liegt. Runter geht’s noch ganz gut, aber hinterher wieder hinauf ist schon anstrengend. Zumal uns dann auch noch ein strammer Wind entgegenbläst. Aber die Aussicht ist super und entschädigt für die Anstrengung! Da die abdeckende Erdschicht fehlt, sind die übereinander geschichteten Steinschichten klar sichtbar. Auch diesmal haben wir Glück und die bereitgestellte Taschenlampe funktioniert. Die Dachluke bekommen wir auf (schieben nicht heben!) und hangeln uns die schmale Eisenleiter hinunter. Enttäuschend ist die winzige Kammer in der wir dann stehen. Auch hier geht es durch am Boden liegende winzige Durchlässe in weitere Kammern, aber da müsste man quasi auf dem Bauch reinrobben, das ist uns dann doch zu viel.

Unstan Cairn dagegen verlangt uns nicht allzu viel ab. Der Hügel liegt nur ein kurzes Stück vom Parkplatz entfernt und der Gang ins Innere ist uns zwar zu niedrig zum durchwatscheln, aber auf Händen und Knien geht es ganz wunderbar. Zwei Dachfenster sorgen für viel Licht, so dass sich die einzelnen „Boxen“ in der Kammer gut erkennen lassen. Leider sorgt dieser Ausbau der Decke dafür, dass sich die Kammer nicht mehr so richtig authentisch anfühlt, sondern eher wie ein Nachbau im Museum.

Wem die Tombs zu gruselig und klaustrophobisch sind, wer aber trotzdem Spaß an alten Steinen hat, dem können wir noch den Broch von Gurness empfehlen. Es sind die Überreste eines dieser mysteriösen Türme und mit 20 m Durchmesser einer der größten. Die Mauern sind noch bis zu einer Höhe von 3,5 m erhalten. Um den Turm herum befand sich eine Siedlung und man kann durch die verbliebenen Steinfundamente und Mauerreste wandern. Direkt am Wasser gelegen ein wirklich schöner Ort. Einziger Wehmutstropfen ist der Eintrittspreis von £7,50 (online) und dass die Anlange, wie so oft, schon um 16:30 Uhr schließt. Zumindest als wir da waren, schloss aber nur der Ticket- und Gift-Shop, während man immer noch aufs Gelände konnte.

Auf dem Hin- oder Rückweg bietet sich ein Stopp am Taubenschlag in Rendall an. Mehrere tausend Tauben wurden hier im 17. Jahrhundert gehalten. Aber nicht nur um den Speiseplan, vor allem im Winter, zu ergänzen, sondern vor allem für ihren Guano, der als Dünger auf die Felder verteilt wurde. Heute sehen wir nur ein Paar auf dem kegelförmigen Gebäude, aber drinnen noch reichlich Guano 😉.

 

 

 

Schottland 2025 – Orkney, die Westküste

Schweren Herzens haben wir uns von Shetland verabschiedet und in Lerwick wieder die Fähre Hrossey bestiegen. Die Überfahrt nach Kirkwall auf den Orkney Inseln dauert nur knapp sechs Stunden, also haben wir diesmal keine Kabine gebucht, uns aber zwei Plätze in der Pod-Lounge gegönnt. Die Pods sind geräumig, lassen sich fast in eine Liegeposition zurück kippen und es gibt sogar Care-Pakete mit leichten Decken, Ohrstöpseln und Schlafmaske. Die Lounge ist ruhig und leise. Gut investierte £18 pro Person. Aber bevor wir es uns bequem machen, genießen wir die sonnige Ausfahrt.

Es sind knapp 150 Meilen von Lerwick nach Kirkwall. Naiv dachten wir, dann werden sich beide nicht allzu sehr voneinander unterscheiden. Aber weit gefehlt! Shetland ist rauer, wenig geeignet für Landwirtschaft, dafür überall Schafe. Ölindustrie und Fischfang sind vorherrschend und der skandinavische Einfluss heute noch deutlich spürbar. Orkney hat fruchtbare Böden mit sanften grünen Hügeln und deutlich dichterer Besiedelung. Es erinnert uns überall an den wilden Westen Irlands 😀. Eine Beschreibung, die wir hören, lautet: auf Shetland leben Fischer, die ein bisschen Landwirtschaft betreiben, während auf Orkney Bauern leben, die ein bisschen Fischfang betreiben.

Die meisten Besucher kommen aber nicht für die grünen Hügel nach Orkney, sondern wegen der vielen Stätten aus der Jungsteinzeit (dem Neolithikum), 10.000 – 2.000 v. Chr.  Wobei Orkney „erst“ ab 6.000 v. Chr. erwiesen besiedelt war. Für die damalige Zeit bot die Inselgruppe offensichtlich sehr gute Lebensbedingungen. So hatten die Bewohner Zeit und Energie um die enormen Anstrengungen zu unternehmen die Grabkammern, Türme und Steinkreise zu errichten, die wir heute noch bestaunen können. Für den Broch of Gurness hat eine Forschungsgruppe berechnet, dass für den Bau über 100.000 Mannstunden benötigt wurden!

Die berühmteste und meistbesuchte dieser Stätten ist Skara Brae. Urlauber, Tagestouristen und Ausflügler der Kreuzfahrtschiffe kommen fast alle hierher. Wir buchen unsere Tickets vorher online (die meisten Tickets sind online auch billiger), an einem Tag, als nur ein kleines Schiff im Hafen liegt.  Um den organisierten Touren möglichst aus dem Weg zu gehen, wählen wir unseren Slot für 13:00 Uhr in der Hoffnung, dass dann noch viele beim Mittagessen sind. Unsere Rechnung geht auf. Es ist zwar gut besucht, aber nicht völlig überlaufen. Später sehen wir, wie sich eine Reisegruppe nach der nächsten durch die Wege schiebt. Die Anlage ist nämlich deutlich kleiner, als wir erwartet haben und wir sind in 45 Minuten durch. Am Anfang findet sich eine Rekonstruktion eines Rundhauses. Da die meisten Möbel aus Stein hergestellt wurden, ist es nicht schwer, sich danach vorzustellen, wie das Dorf damals ausgesehen haben könnte. Als Besucher kann man nicht frei herumwandern, sondern muss auf dem geführten Rundkurs bleiben, der den Blick von oben in die Häuser ermöglicht. Deshalb auch die relativ kurze Verweildauer. Dafür liegt die Anlage schön direkt am Meer 😊.

Der (Online-) Ticketpreis von £14 ist nicht ganz billig, aber im Sommerhalbjahr ist der Besuch von Skaill House inkludiert. Nur wenige Gehminuten von Skara Brae entfernt ist es ein komplett intaktes Herrenhaus, das seit dem 17. Jahrhundert von den hiesigen Lairds in direkter Erbfolge bis in die 1970er Jahre bewohnt wurde. Jetzt ist es für die Öffentlich zugänglich und zeigt vom formellen Esszimmer, über die gemütliche Bibliothek bis zum rosa Badezimmer und dem Eintrag von Queen Mum ins Gästebuch wie die Lairds und Ladies so lebten. Hätten wir sonst vielleicht nicht unbedingt besucht, aber wenn man schon mal da ist, nimmt man’s halt mit 😉.

Südlich von Skara Brae liegt Yesnaby, ein Stück Steilküste wie aus dem Bilderbuch. Grün-blaue Wellen ergießen sich in weißem Schaum über die aufgefächerten Steinplatten. Der West Coast Walkway führt kilometerweit an dieser atemberaubenden Szenerie vorbei. Bis zum Brough of Biggins ist es noch recht belebt, denn hier soll man Papagaientaucher sehen können. Wir haben Glück und sehen einen, denn die kleinen Strolche sind sehr gut darin, sich in Nischen und unter Felsvorsprüngen zu verstecken. Die meisten Besucher drehen dann wieder um, zurück zum Parkplatz. Wer weiter geht wird schließlich mit der Felsformation des Yesnaby Castle belohnt, einem fotogen in einer Bucht aufragenden Felsen.

Noch weiter südlich liegt Stromness, dass mit seinen kleinen Gässchen und direkt am Wasser gelegen an Lerwick erinnert. Dass die Hauptstrasse nicht für den Autoverkehr gesperrt ist, ist das Einzige, was den Besuch etwas trübt. Eine besonders schöne Sicht auf den Ort hat man von See aus, z.B. der Fähre von Stromness nach Scrabster, wie wir später feststellen 😁.

Im Nordwesten von Orkney Mainland (ja, auch diese Insel ist sehr fantasievoll benamst) liegt Marwick Head. Die Wellen rollen in langen Reihen weißschäumend durch die Bucht, und der Wind heult uns um die Ohren als wir uns auf zu den alten Fischerhütten machen. Am Horizont liegt die Insel Hoy im Dunst mit ihrem markanten Wahrzeichen, der Felsnadel des Old Man of Hoy ( die wir auch später auf der Fährüberfahrt nochmal sehen werden). Die Hütten wurden früher zur Lagerung von Fischerbooten über den Winter genutzt, und auch heute liegt noch allerhand Fischerzeug wie Netze, Bojen und Taue herum. Jedes Mal, wenn der Wind sich kurz legt wird’s für die Nase etwas unangenehm.

In die andere Richtung geht’s zum Kitchener Memorial, einem Turm der zu Ehren von Kriegsminister Kitchener errichtet wurde, der 1916 mit der HMS Hampshire an diesem Ort gesunken ist. Der Turm spielt aber nur eine untergeordnete Rolle. Der Anstieg von Süden ist relativ steil, aber gut zu bewältigen und bietet eine tolle Aussicht. Von Norden ist es etwas länger und weniger spektakulär. Ist man einmal oben, erstreckt sich eine lange Klippe ins Meer, voller Vögel die in einem Wahnsinnstempo durch die Gegend sausen. Am Horizont ragt der Brough of Birsay mit seinem kleinen Leuchtturm auf. Wer sich hier nicht wenigstens ein paar Minuten niederlässt und durchatmet ist selbst Schuld.

Der Brough of Birsay ist eine Gezeiteninsel, heißt bei Ebbe bzw. Niedrigwasser kann man sie über einen kleinen Damm zu Fuß erreichen. Drüben gibt es die Ruinen einer nordischen Siedlung aus dem 9. Jahrhundert. Aber die meisten Besucher zieht es zu den Klippen, denn hier gibt es quasi eine Garantie zwischen April und August auf Papagaientaucher zu treffen. Und auch wir haben Glück und sehen einige. Unsere letzte Station ist der kleine weiß-gelb gestrichene Leuchtturm. Als auf dem Rückweg der kleine Damm in Sicht kommt dann der große Schreck. Uns ist genau das passiert, wovor alle warnen. Wir haben die Zeit vergessen und die Flut ist gekommen! Im Schweinsgalopp den Hügel hinunter und dann die Erleichterung, das kriegen wir noch hin! Ein Hoch auf die Stretchjeans, die man bis über’s Knie ziehen kann. Und dann barfuß vorsichtig über den Damm geschlurft, bis wir es auf die andere Seite geschafft haben. Eine Stunde später ist kein Rüberkommen mehr.

Vom Parkplatz aus kann man noch weiter die Küste hinauf gehen, nach Skiba Geo. Hier steht noch eine alte Fischerhütte (heute aber verschlossen) inmitten von kleinen Kuhlen im Gras. In diesen Kuhlen wurden die Fischerboote über den Winter verwahrt. Bei auflaufend Wasser herrscht hier ordentlich Brandung. Einfach schön 😍. Um den Besuch abzurunden halten wir noch kurz am Earl’s Palace in Birsay, einer kleinen Ruine. Aktuell sind einige Bereiche mit formschönen Bauzäunen abgesperrt, aber dafür kein Eintritt.

Geschichte, Legenden und Mythen scheinen auf Orkney noch sehr lebendig. Und es ist noch gar nicht so lange her, dass Geschichten erzählen der einzige Zeitvertreib in langen Winternächten war. Diese Tradition wird bewusst weitergeführt. Wir haben uns am Freitagabend zum Storytelling mit Lynn am Torffeuer eingefunden. In kleiner Runde lauschen wir der Geschichte der alten Maude, die uns erzählt, was sie alles an Strandgut findet. Und vom guten Farmer von North Ronaldsay, der einer Selkiefrau den Pelz stiehlt, damit sie nicht ins Meer zurück kann und bei ihm bleiben muss. Und von Annie und Will Norn und ihrem Abendteuer mit den Finnmännern. Das ganze in einem Studio, das in eine Wasserphantasiewelt verwandelt wurde. Für Nicht-Muttersprachler kann es schon schwierig werden alles zu verstehen. Aber selbst dann ist die Atmosphäre toll. Lynn schafft es mit ihrer Stimme und einigen wenigen Requisiten die Geschichten in unseren Köpfen zum Leben zu erwecken. Eine ganz klare Empfehlung von uns!