UK 2023 – Northumberland

Für unseren Umzugstag haben wir uns Rosslyn Chapel als Zwischenstopp ausgesucht. Eigentlich soll man ein Ticket – im voraus – für einen 90-minütigen Timeslot kaufen. Das haben wir nicht gewusst, aber Glück, dass wir trotz einer gerade angekommenen englischen Reisegruppe rein dürfen. Die Kapelle ist ziemlich klein aber schon außen fallen die vielen Steinmetzarbeiten auf. Im Inneren ist dann jeder Zentimeter Wand- und Deckenfläche mit in Stein geschnitzten Figuren, Blumen, Girlanden und Ornamenten versehen. Einige sind mit der Zeit verwaschen, andere erstaunlich gut zu erkennen. Leider darf man drinnen nicht fotografieren oder filmen. Angeblich, um die anderen Besucher nicht zu stören und weil man dann offensichtlich auf dem unebenen Steinboden stolpern und stürzen würde. Wir vermuten eher, damit dass man die vielen Postkarten, Bildbände und Guidebooks im Shop kauft. Oder man begnügt sich, so wie wir, mit den Informationen auf der offiziellen Homepage.

Zufällig sitzen wir gerade in einer der Kirchenbänke um die hoch gewölbte Decke zu bewundern, als sich auch alle anderen Besucher plötzlich einen Sitzplatz suchen und der im Eintrittspreis enthaltene Vortrag zu Geschichte und Besonderheiten von Rosslyn Chapel (von dem wir natürlich auch nichts wussten) beginnt. Sehr interessant! Wir lernen z.B. dass ursprünglich eine große Kirche geplant, aber nur die Kapelle – das obere Stück der klassischen T-Form, fertig gestellt wurde. Und dass Cromwell das Gebäude als Stall (!) benutzt hat.

Dass die Kapelle heute überhaupt noch existiert ist schon ein kleines Wunder. Die ersten umfassenden Restaurationsmaßnahmen in den 1950er Jahren hätten das Gebäude beinah komplett ruiniert, weil der aufgebrachte „Schutzanstrich“ die Feuchtigkeit im Stein einschloss und sich Bakterien bildeten, die den Stein langsam zersetzten. Die Rettung kam Ende der 1990er Jahre als über der kompletten Kapelle ein Schutzschirm errichtet wurde, damit sie austrocknen konnte.

Und hätte Dan Brown nicht seinen Bestseller „Sakrileg“ bzw. „Da Vinci Code“ geschrieben, in dem Rosslyn eine entscheidende Rolle spielt, wäre wohl das Geld ausgegangen und heute nichts mehr zu besichtigen. Aber genug Leute haben das Buch gelesen oder den Film gesehen und pilgern hierher um sich selbst ein Bild zu machen. Die Sakristei, die im Film einer Schatzkammer gleicht, ist in Wirklichkeit aber nur ein kleiner, leerer, dunkler Raum 😉 . Wer sich ein bisschen für alte Steine interessiert, sollte sich dieses Kleinod trotzdem nicht entgehen lassen!

Für uns geht es weiter an die Küste. Cove Harbour ist ein winziger Fischerhafen, der malerisch von hohen Klippen eingerahmt, etwas versteckt unterhalb des Ortes liegt. Nur ein Fußweg führt vom Parkplatz runter ans Wasser. Wir haben Glück und sind ganz alleine. Es wohnt niemand mehr in den paar alten Gebäuden, aber es liegen immer noch Fischerboote im Hafen, die regelmäßig auf Fischfang gehen. Die kleine Bucht bietet Ruhe und Abgeschiedenheit und sonst nichts! Am Parkplatz steht ein erstaunlich detailreiches Denkmal für die Witwen und Waisen von Fischern, die 1881 bei einer Sturmkatastrophe verunglückten.

Dann beziehen wir unser nächstes Ferienhaus etwas außerhalb von Berwick-upon-Tweed, so eben hinter der schottischen Grenze.

Hexham Abbey liegt mitten im gleichnamigen Städtchen und ist wirklich wunderschön. Es gibt tolle Buntglasfenster, Steinschnitzereien und eine hohe Holzdecke. Durch die vielen Rundbögen wirkt das Innere sehr offen und freundlich. Der Eintritt ist frei, nur wenn man in die alte Krypta hinunter möchte, muss man 3 Pfund bezahlen. Spenden sind natürlich herzlich willkommen und da sind sie mit der Zeit gegangen und man kann das bequem kontaktlos per Kreditkarte machen.

Wir haben Glück und ergattern einen Parkplatz fast direkt vor dem Eingang der Kirche und machen nach unserem Besuch noch eine Runde über den Marktplatz, wo der Samstagsmarkt sich aber bereits in Auflösung befindet. Wir „retten“ ein paar Mini-Quiches, suchen uns eine Bank und machen ein spontanes Picknick mitten im geschäftigen Treiben.

Von Hexham ist es nur ein Katzensprung bis zum Hadrianswall, oder dem, was heute noch davon zu sehen ist. Was an sich ja schon erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass er vor fast 2000 Jahren errichtet wurde. Der Wall war bis zu 4,5m hoch und gar nicht vorrangig zum Schutz vor Invasion durch die Barbarenstämme im Norden gedacht. Er war eine machtvolle Grenzmarkierung und diente zur Kontrolle von Handel (und Zahlung von Zöllen) und Migration in das und aus dem römischen Reich. Der Wall zog sich einmal quer über den „Flaschenhals“ der Insel und das komplette Grenzbefestigungssystem bestand aus der Mauer, sowie Meilenkastellen (jede römische Meile eins) und größeren Kastellen mit den entsprechenden Besatzungen.

Von Mauer und Kastellen sind heute überwiegend nur noch die Fundamente erhalten. Manchmal sind es auch nur noch ein paar Steinhaufen oder ein Erdwall. Leider hat es in den letzten Tagen so viel geregnet, dass wir uns durch Matsch und Modder kämpfen müssen und in kürzester Zeit aussehen wie Sumpfschweine. Sooooo interessiert sind wir dann doch nicht und begnügen uns mit ein paar Luftaufnahmen. Aber auch die umliegende Landschaft, im und um den Northumberland Nationalpark herum, ist wirklich sehenswert. Und weil wir schon mal hier sind, halten wir noch bei Lanercost Priory, die man aktuell allerdings auch nur von außen besichtigen kann. Der kleine Spaziergang drum herum ist trotzdem schön.

Wir hüpfen nochmal zurück nach Schottland und schauen uns Dirleton Castle & Gardens an. Das Castle ist übersichtlich und teilweise abgesperrt und auch die Gärten sind eher klein. Aber wir sind nicht enttäuscht, denn genau deswegen haben wir ja unseren Mitgliedsbeitrag bezahlt. Außerdem überbrücken wir so wunderbar die Zeit, bis der Himmel aufklart.

North Berwick steht eigentlich nicht auf unserem Programm, aber der Ausblick über Milsey Bay zwingt uns quasi zu einem Zwischenstopp 🙂 . Am Ostende der Bucht führt ein Trampelpfad die Küste entlang. Man kann ihm oben auf den Klippen folgen, geht dann teilweise über den Golfplatz und muss sich durch zugewucherte Abschnitte kämpfen. Alternativ kann man den steilen Abstieg zum Wasser wagen und über die Strände laufen, die sich hier aneinanderreihen. Je nach Wasserstand klappt das mehr oder weniger gut und erfordert mehr oder weniger Kletterei über Felsen. Oder man kraxelt im Zickzack rauf und runter um sowohl die Aussicht als auch den Strand zu genießen. Der letzte Aufstieg zum Drift Café ist extrem steil und zumindest wir Bewegungslegastheniker brauchten auf den ersten Metern alle Hände und Füße 😉 . Von überall hat man einen Blick auf Bass Rock, einer fast runden Felseninsel, die ihren Namen von den dort hausenden Basstölpeln hat. Und deren Hinterlassenschaften sie langsam aber sicher weiß einfärben.

Tantallon Castle steht als pittoreske Silhouette auf den Klippen über Oxroad Bay. Aus rotem Sandstein erbaut strahlt die Ruine im Sonnenlicht und der Wind heult durch die leeren Fensteröffnungen. Obwohl wir heute schon viel Rauf und Runter hatten, erklimmt Diane die 65 Stufen bis zur Wehrmauer und die finalen 20 Stufen den Turm hinauf. Wir wissen das so genau, weil wir vorher gefragt haben 😉 .
Auf dem Rückweg halten wir noch in Dunbar. Eine Runde um den kleinen Hafen, über dem die spärlichen Überreste von Dunbar Castle thronen ist aber alles, was wir jetzt noch schaffen.

Die Küste Northumberlands ist bei den Einheimischen ein beliebtes Urlaubsziel. Aber außerhalb der Saison (nach dem ersten Septemberwochenende, wenn die englischen Schulferien zu Ende sind), ist es ruhig und verschlafen. Newbiggin-by-the-Sea empfängt uns mit einer gut ausgebauten Promenade und einem menschenleeren Strand. Ein kleines Stück davor ragt die Statue „The Couple“ aus dem Meer. Von weitem sieht es so aus, als ob das Pärchen auf dem Wasser steht und gen Horizont blickt. Am Nordende der Promenade steht eine kleine Kopie an Land, so dass man die beiden auch von vorne sehen kann.

Ein Stückchen weiter nördlich steht Warkworth Castle, eine mächtige Burgruine aus dem zwölften Jahrhundert. Der Parkautomat ist kaputt und nimmt nur Bargeld (das wir nicht haben). Als wir an der Kasse ein Parkticket kaufen wollen, winkt die freundliche Dame ab und will nur den regulären Eintritt haben. Schon mal ein guter Anfang! Das Gelände ist riesig und die Außenmauern und der Wohnturm sind noch weitestgehend erhalten. Die Nebengebäude nur noch teilweise. Das Leben im Mittelalter wird anschaulich in drei Storylines erzählt. Aus der Sicht einer Marktfrau, die Fisch für ein Bankett auf die Burg liefert, eines Kammerdieners, der ein verschwundenes Gewand für das Bankett finden muss und der Schlossherrin, die mit ihrem neugeborenen Sohn zurückkehrt, was mit dem Bankett gefeiert werden soll. Sehr stimmig gemacht! Im Bergfried haben wir uns beinah verlaufen, so viele Treppen verbinden die vielen Räume miteinander! Wir haben den relativ hohen Eintrittspreis von 7,50 Pfund pro Person gerne bezahlt. Wem das zu viel ist, kann aber auch von außen viel sehen und einfach einen Gang rund um die Anlage machen.

Holy Island ist eine Gezeiteninsel und nur bei Ebbe über eine Straße zu erreichen. Einen Besuch muss man also ein bisschen im Voraus planen und die Zeiten für eine sichere Überfahrt vorher online prüfen. Der Causeway wird nicht gesperrt und wenn man im Wasser stecken bleibt, ist man halt selber Schuld. Bei Flut kann man die Insel nicht erreichen oder verlassen. Permanent hier zu wohnen muss eine ziemliche Herausforderung sein. Nicht nur, dass man sein Kommen und Gehen dem Gezeitenkalender anpassen muss, es fallen auch noch jedes Jahr eine halbe Millionen Touristen über den winzigen Ort her.

Besucher werden auf einen Parkplatz außerhalb des Ortes geleitet, von wo es etwa 10 Minuten Fußweg bis zur Lindisfarne Priory sind. Als wir dort ankommen, ist die Priory natürlich schon geschlossen, aber auch von außen gut zu sehen. Über den Strand geht es für uns nach Lindisfarne Castle, einer Trutzburg, die dramatisch auf einem großen Felsen steht. Von hier kann man Bramburgh Castle und die Zwillingspfeiler von Lindisfarne Lighthouse und Old Law sehen und in der Bucht schaukeln ein paar kleine Boote vor sich hin.

Wir besuchen ja auch ganz gerne die Sehenswürdigkeiten aus der zweiten Reihe. Smailholm Tower ist so eine. Die Zufahrtsstraße ist nicht asphaltiert, der Parkplatz winzig und außer uns keiner da. Der Turm steht – wieder mal – dramatisch auf einer Anhöhe. Es gibt eine kleine Ausstellung zur Geschichte und den Ausgrabungsarbeiten die hier stattgefunden haben. Im Turm selbst wird auf drei Etagen das Leben und die Werke von Sir Walter Scott anhand von liebevoll gestalteten Puppen nachgestellt. Vom Dach aus hat meinen einen weiten Blick über die Umgebung, auch wenn es wie bei uns diesig und bedeckt ist.

Der aufmerksame Leser wird sich erinnern, dass uns noch eine der Border Abbeys fehlt. Wir machen uns also auf nach Kelso, aber auch hier bleiben uns die Türen verschlossen, da die Abbey wegen Inspektion des Mauerwerks geschlossen ist. Wir begnügen uns also mit dem, was wir von außen sehen können.

Hume Castle ist leider ein schlechter Ersatz. Es stehen nur noch die Außenmauern und die wurden bereits restauriert. Allerdings sieht es jetzt wie ein leicht misslungener Nachbau aus. Aber die Aussichtsplattform bietet einen schönen Rundumblick, wenn auch wegen des Wetters nicht spektakulär.

Dann ist es auch schon wieder Zeit die Heimreise anzutreten. Auf dem Weg zur Fähre machen wir Halt in Alnwick. Viele werden wegen des Schlosses hierher kommen (teuer und voll, weil hier Harry Potter und Downton Abbey gedreht wurden), aber wir wollen Barter Books sehen. Barter ist ein Second-Hand Buchladen in einem alten Bahnhofsgebäude. Zwischen den Bücherregalen stehen Plüschsessel und Sofas, unter der Decke rattert leise eine Spielzeugeisenbahn, im Kamin knistert ein Feuer und es gibt es kleines Café. Einfach toll! Unnützes Wissen für die nächste Party: Während Umbauarbeiten im Jahr 2000 entdeckte der Besitzer einen Stapel Poster aus dem zweiten Weltkrieg mit der mittlerweile weltberühmten Parole „Keep Calm And Carry On“. Er rahmte eins, hängte es im Buchladen auf und von dort verbreitete es sich rasend schnell und inzwischen auch mit abgewandelten Varianten rund um den Globus.

In Tynemouth haben wir noch Zeit für einen letzten Strandspaziergang am Long Sands Beach, wo sich schon erste Heimatgefühle bemerkbar machen, als wir ausgerechnet hinter zwei Motorrädern mit Mettmanner Kennzeichen parken. In Newcastle besorgen wir noch schnell ein bisschen Wegzehrung und dann bringt uns die Princess Seaways wieder zurück auf den Kontinent. Schön war’s und es wird bestimmt nicht nochmal sechs Jahre dauern, bis wir wiederkommen. Es gibt ja noch soviel zu sehen 🙂 .

Vor kurzem haben wir unsere Drohne (a.k.a. die kleine Currywurst) auf ein neues Modell aufgerüstet. Trotz Regen und Sturm konnten wir sie in diesem Urlaub aufsteigen lassen und auf Herz und Nieren testen. Wir sind sehr zufrieden und denken, euch wird es auch gefallen, also hier eine erste Kostprobe 🙂 .

England 2018 – Schlußakt

Unser letzter Morgen empfängt uns bedeckt und windig. Daher macht es uns nicht ganz so viel aus, das Cachermobil zu beladen und ein letztes Mal mit dem Schlüsselsafe zu kämpfen 🙂

Es geht südwärts, wobei wir es bedauern, dass es für den Großteil der Strecke keine richtige Küstenstraße gibt und wir unter einem dräuenden Himmel durch das Hinterland brausen. In St. Margarets Bay gibt es nochmal einen Besuch der weißen Klippen und – für die mit ein bisschen Fantasie – einen Blick nach Frankreich.

Nächstes Ziel ist Dover, was jetzt weder besonders viel Charme noch viel Sehenswertes zu bieten hat, weshalb wohl die meisten nur den Hafen auf der Durchreise sehen. Und nicht mal der ist hübsch. Aber es gibt Dover Castle, ein Bollwerk über der Stadt, dass seit 2000 Jahren an dieser, dem Festland am nächsten gelegenen Stelle, den Zugang nach England bewacht. Das älteste noch erhaltene Gebäude der Anlage ist ein römischer Leuchtturm aus dem Jahre 50, möglicherweise das älteste noch erhaltene Gebäude in England. Direkt daneben steht eine sächsische Kirche.

Unser erster Stopp ist aber der eigentliche Wohnturm, der mit bis zu sieben (!) Meter dicken Mauern daran erinnert, dass es sich um eine Festung handelt. Innen gibt es Laiendarsteller und „Guides“, die in jedem Raum anschaulich das Leben vor 1000 Jahren erklären. Man sollte wirklich um jede Ecke gucken, denn in versteckten Winkeln finden sich neben den Plumsklos auch die königliche Kapelle oder die innere Regenzisterne.  Der Aufstieg bis aufs Dach in den Treppenschächten kann teilweise etwas kniffelig sein, aber mit Ruhe und festem Schuhwerk ist es kein Problem. Kleine Warnung, der Ausblick über Dover lohnt den Aufstieg nicht ;-).

Immer wieder wird für die Tunnelanlagen unter der Burg geworben, speziell für die Führung zur Evakuierung der alliierten Truppen aus Dünkirchen 1940, aber wir sind dafür generell und heute nicht zu haben. Leider fällt der Regen auch immer heftiger, so dass wir die Aussenanlagen nur kurz erkunden. Die hätten sicherlich mehr Zeit verdient, aber unsere Regensachen sind alle schon gut verpackt für die Rückreise. Ausserdem scheint das Wetter jetzt doch deutlich mehr Touristen in die Burg zu treiben. Als wir ankamen war der Parkplatz vielleicht zu einem Drittel belegt, jetzt quillt er über und es kommen immer mehr. Zeit für uns aufzubrechen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir steuern den Hafen an und setzen auf’s Festland über. Der Regen begleitet uns auf der Überfahrt – zur Info: ja, auch auf dem Ärmelkanal schaukelt die Fähre bei diesem Wetter – und bis nach Hause. Trotzdem schaffen wir unseren tausendsten Geocache in Belgien und erhöhen unsere Serie der meisten Ländern an einem Tag auf 5.

Ein schöner und erfolgreicher Urlaub ist zu Ende 🙂

England 2018 – Kunterbuntes in Kent

Was macht man, wenn am Ende des Urlaubs noch soviel Programm übrig ist? Wir haben das letzte „B“ in unserem Urlaub erreicht. Nach Bridport und Bude sind wir jetzt in Broadstairs eingekehrt. Ein kleiner Badeort am Ärmelkanal auf der Isle of Thanet, die seit dem 15. Jahrhundert gar keine Insel mehr ist, weil der Kanal, der sie vom Festland trennte, versandet ist. Aber bei den Briten dauert es halt ein bisschen bis Namen an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Fun Fact: der New Forest Nationalpark ist ja auch alles andere als neu, denn er wurde bereits im Jahre 1079 als königliches Jagdrevier von Wilhelm dem Eroberer zum geschützten Gebiet erklärt.

Aber zurück zur Eingangsfrage. Unsere To-See Liste für Kent ist lang, der Urlaub fast vorüber und der Wettergott hat ab morgen viel Wind  🙂 und leider auch sehr viel Regen 🙁 angekündigt. Es bleibt uns also noch ein Tag, den wir entsprechend ausnutzen müssen. Wir haben gestern Abend den strategischen Schlachtplan für heute entworfen und die beste Öffnungs-, Fahrt- und erwartete Sonnenzeiten-Route ermittelt.

Frühstück gibt’s bei strahlender Sonne am bzw. über dem Strand der Viking Bay in Broadstairs. Die Strandpromenade und der ganze Ort liegt quasi auf den berühmten weißen Klippen, und der Weg zum Wasser führt über eine nicht unerhebliche Anzahl an Treppen. Am frühen Morgen ist es hier sehr beschaulich und ruhig.

Um zehn Uhr öffnet die Muschelgrotte in Margate, die wir uns ansehen wollen. Der Cacherpilot findet natürlich direkt gegenüber einen Plätzchen für das Cachermobil obwohl davor „gewarnt“ wird, dass die Grotte in einer Wohngegend ohne eigenen Parkplatz liegt. Durch den obligatorischen Giftshop in einem ganz normalen Wohnhaus geht es ein paar Stufen runter und sofort stellt sich ein Indiana-Jones-Gefühl ein :-). Durch einen relativ schmalen Gang geht es weiter hinunter bis zur eigentlichen Grotte. Diese besteht aus etwa dreißig Metern Gang, dessen Wände und Decke mit über 4,5 Millionen Muscheln und Schneckenschalen bedeckt sind. Es gibt eine komplett ausgekleidete Kuppel und einen Altarraum, der allerdings im zweiten Weltkrieg beschädigt wurde.

In den 1930er Jahren hat ein pfiffiger Geschäftsmann Gaslicht in der Grotte installiert, damit zahlende Besucher was zu sehen haben. Leider haben sich die Muscheln dadurch grau und schwarz verfärbt und es gibt noch kein erschwingliches Verfahren für eine gefahrlose Säuberung. Trotzdem ist es ein überwältigender Anblick. Die Wände der Gänge sind in einzelne Paneele unterteilt, und es gibt einen Flyer, der die darauf befindlichen Bilder kurz erklärt. Wir finden es aber auch ohne Erklärung faszinierend wie die unterschiedlichen Größen und Formen der Muscheln genutzt wurden um dieses Mosaik zu erschaffen. Warum und von wem das überdimensionale Muschelpuzzle angelegt wurde ist nicht bekannt, aber jeder Besucher wird sich sicher seine eigenen Gedanken dazu machen. Gelangweilter Lord, abergläubische reiche Witwe,  Freimaurer, Templer, Muschelfetischist….? Auf jeden Fall jemand mit viel Zeit und ruhiger Hand 🙂 .

Für uns geht es weiter nach Canterbury. Hier steht die „Mutter der anglikanischen Kirche“ Canterbury Cathedral. 1988 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt und wohl eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in England. Nach einem netten Spaziergang durch die Innenstadt erreichen wir das Kathedralenviertel.  Das erste, was wir von der Kathedrale selbst sehen, sind Baugerüste und -zäune. Bis 2020 finden massive Renovierungsmaßnahmen statt. So sind nicht nur die Südfassade, sondern auch die Kuppeldecke des Kirchenschiffs eingerüstet und nehmen dem Innenraum leider ein bisschen die Erhabenheit, die Kirchen dieser Größe für uns normalerweise ausstrahlen.

Nach dem gestrigen Besuch in Salisbury bleibt Canterbury für uns leider hinter unseren – wahrscheinlich zu hohen – Erwartungen zurück. Es ist ein imposantes Bauwerk und atmet Geschichte, aber es hält uns einfach nicht so gefangen. Könnte auch daran liegen, dass der Besuch hier deutlich professioneller und irgendwie strenger geregelt ist. Keine Fotos in der Krypta, abgesperrte Bereiche und viele, mehr oder weniger offensichtliche, Aufsichtspersonen. Alles nicht wirklich schlimm, aber im Gesamteffekt kommt unser Besuch nur auf ein „nett“ und kein „wow“ 😉

Weiter geht’s nach Leeds Castle, ein Wasserschloss das über 1.000 Jahre von Königshäusern als Wohnsitz, Festung oder Zufluchtsort genutzt wurde und heute einen Einblick in diverse Epochen seiner Nutzung bietet. Vom Parkplatz geht es durch einen schön angelegten Park zu Fuß Richtung Schloss. Wer nicht laufen möchte, kann für 1£ mit dem Landtrain fahren. Der Park ist schön angelegt und wird von jeder Menge Geflügel bevölkert. Enten, Schwäne, Pfauen und vor allem Gänse haben hier eindeutig das Sagen, lassen sich von uns überhaupt nicht stören, aber gnädig passieren. Dann geht es einmal ums Schloss herum bevor wir das Gemäuer betreten können. Offensichtlich braucht man diese Verlangsamungsmaßnahme um den Besuchermassen zur Hauptsaison zu begegnen, aber heute sind wir fast allein hier 🙂

Die meisten Räume zeigen die Ausstattung der letzen Bewohner, Lady Baillie und Familie, die hier bis zu ihrem Tod 1974 lebten. Dadurch verliert sich zwar der mittelalterliche Charakter des Gebäudes etwas, aber es ist trotzdem spannend zu sehen, wie die „bessere“ Gesellschaft im letzten Jahrhundert so gelebt hat 🙂

Der umliegende Park lädt zum Verweilen ein und zur Unterhaltung gibt es ein Labyrinth, ein Spielplatz, Ritterspiele und eine Greifvogelschau. Aber für heute gibt es kein Programm mehr, da es mittlerweile später Nachmittag ist und so begnügen wir uns mit einem Spaziergang durch die weitläufigen Parkanlagen. Ein- und Ausgang zum Gelände erfolgt natürlich über einen Giftshop und – irgendwie typisch britisch – in der Weihnachtsecke werden wir fündig. Im Dezember wird unseren Tannenbaum eine rote Telefonzelle und ein regenbogenfarbenes Einhorn zieren 🙂

Wir beenden den Tag wie wir ihn begonnen haben, am Strand auf der Isle of Thanet. Diesmal allerdings in Botany Bay. Die weißen Klippen mögen den Beinamen „von Dover“ haben, aber sie ziehen sich die ganze Küste herauf und präsentieren sich uns im schönsten Abendlicht.

 

 

 

England 2018 – Zurück in die Vergangenheit

Wenn man auf der B3098 in Wiltshire unterwegs ist, erscheint in der Nähe des Örtchens Westbury hinter eine Kurve eine Geoglyphe auf einem Hügel. Anders gesagt, man sieht ein Scharrbild, dass durch die Abtragung der oberen Erd- und Gesteinsschichten den weißen Kalkstein darunter zum Vorschein bringt; in diesem Fall in Form eines über 50 x 50m großen Pferdes. Eines von insgesamt drei weißen Pferden in Wiltshire. Die genauen Ursprünge sind unklar, aber wer auch immer die Bilder in die Landschaft gescharrt hat, war offensichtlich ein großer Pferdeliebhaber 🙂

Wir sind auf dem Weg nach Osten, einmal quer über die Insel und machen Halt in Salisbury. Der kleine Ort hat dieses Jahr unrühmliche Schlagzeilen wegen eines Giftanschlags auf einen ehemaligen russischen Doppelagenten gemacht, aber wir sind am Bezirk „The Close“ interessiert, wo die berühmte Kathedrale steht. Sie wurde im 13. Jahrhundert in „nur“ 45 Jahren quasi in Rekordzeit erbaut und hat mit 123 Metern den höchsten noch stehenden Kirchturm in Großbritannien. Noch, denn die Kathedrale steht auf Sumpfland und das Fundament ist für die 6500 (!) Tonnen schwere Konstruktion nicht ausreichend, da er erst nachträglich hinzugefügt wurde. Er wurde bereits mehrfach „nachgesichert“ doch seine Spitze hat sich trotzdem bisher um 70cm  zur Seite geneigt.

Durch den wunderschönen Kreuzgang – der größte erhaltende auf den britischen Inseln – steuern wir als erstes die Dombibliothek an. Hier wird eines von vier noch erhaltenen Original-Exemplaren der Magna Carta aufbewahrt. In winziger Schrift wurde die Vereinbarung zwischen König Johann Ohneland und seinen rebellierenden Baronen in Latein auf ein Pergament gequetscht, damit nichts dazu geschrieben oder eine zweite Seite „verloren“ gehen konnte. Da fragt man sich doch, was noch alles festgelegt worden wäre, wenn sie ein größeres Stück Tierhaut zur Hand gehabt hätten :-).

In einem abgedunkelten Kabuff vor Licht geschützt und von strengen blickenden Mitarbeitern bewacht kann man das Original bewundern. Angesichts des geschichtlichen Gewichts das hier aufbewahrt wird, ist es ein bisschen unspektakulär. Netterweise hat man aber auf der Rückseite des Kabuffs eine englische Übersetzung in Großschrift aufgebracht, so dass man auch ohne großes Latinum die Große Urkunde der Freiheiten  durchlesen kann.

Dann ist es Zeit für die eigentliche Kathedrale. Ein unglaubliches Bauwerk aus dem 12. Jahrhundert. Und irgendwie ist alles groß, die Türen, die Säulen, sogar das neue Taufbecken, quasi ein Infinity-Pool in der Mitte des riesigen Kirchenschiffes. Wir wandeln staunend an den bunten Glasfenstern entlang und bekommen einen steifen Nacken beim Bewundern der Deckengewölbe. Der Chor hat etwas von einem ehrwürdigen Lesesaal und überall finden sich Statuen und Geschichten in unzähligen Nischen und Kapellen. Kein Wunder, dass Ken Follett hier Inspiration für „Die Säulen der Erde“ fand oder William Golden dem Vierungsturm in seinem Roman „Der Turm der Kathedrale“ verewigte.

Ein schöner Ausflug in die Geschichte, der uns total die Zeit vergessen lässt, bis wir leider weiter müssen, denn der Weg bis nach Kent ist noch lang.

England 2018 – Was sonst noch war

Wenn wir uns nicht an oder auf einem Strand rum getrieben haben, haben  wir uns durch Süd-Devon und Nord-Cornwall gecacht. Auf verlassenen Wegen, in kleinen Örtchen und in jeder Menge Gegend. Und können nun verlässlich behaupten, dass der trockene Sommer weder den Brennnesseln noch den Brombeeren oder den Stechpalmen sonderlich geschadet hat! Arme und Beine sind hinreichend zerkratzt und brennen 😉 Im Cachermobil findet sich neben den urlaubsüblichen Sandmengen einiges an Grünschnipseln und wir haben diverse Insekten unbeabsichtig umgesiedelt. Aber wir haben uns damit auch ein Abzeichen für 50 Funde an einem Tag verdient und unsere Statistik für 2018 insgesamt mächtig aufgebessert. Unser neues Ziel für diesen Urlaub ist der tausendste Fund. Wir haben ja noch ein paar Tage Zeit, mal sehen ob wir das schaffen 🙂