Norwegen 2023 – Der unrühmliche Abschluss

Die letzte Woche unseres Urlaubs wollen wir entspannt in einem luxuriösen Ferienhaus am See verbringen und nochmal so richtig ausspannen. Der Wetterbericht sagt genau das richtige Wetter dafür an. Sonne, Sonne, Sonne und Sonne bei 20 bis 25 Grad. Soweit der Plan. Leider geht aber einiges gehörig daneben und es soll mit die schlechteste Urlaubswoche aller Zeiten für uns werden. Wir hatten kurz überlegt, ob wir überhaupt darüber schreiben, aber dieser Blog ist auch unser Reisetagebuch und einem Tagebuch vertraut man ja alles an. Vielleicht sogar gerade die Dinge, die schlecht gelaufen sind. Aber der Reihe nach!

Von Norheimsund bis zu unserem Ziel in der Nähe von Sannidal sind es rund 330 Kilometer und unser Navi gibt dafür 6 Stunden reine Fahrtzeit an. Diesmal haben wir keine Zwischenübernachtung, aber dafür nur wenig Sightseeing entlang der Strecke eingeplant. Der Himmel ist blau, die Fähre wie immer pünktlich und der Hardangerfjord verabschiedet sich mit spiegelglattem Wasser, in dem die Berge und Häuser am Ufer glasklar wiedergegeben werden. Erster Stopp ist für uns nochmal der Låtefossen. Den haben wir zwar schon ausführlich dokumentiert, aber bei unseren Drohnenaufnahmen haben wir gesehen, dass es einen kleinen Weg hinauf auf halbe Höhe gibt und da oben liegt auch noch ein Geocache. Und die Toilette ist jetzt auch ganz praktisch 😉 . Wir bekommen mit Mühe und Not einen Parkplatz und Diane wühlt die Regenjacke aus dem Gepäck. Der Pfad beginnt, vom Parkplatz aus, auf der anderen Seite der kleinen Brücke und der Wasserfall pustet unaufhörlich eine dicke Gischtwolke über die Straße. Wir brauchen heute keine zweite Dusche, vielen Dank. So gewappnet ist es aber kein Problem und ruck-zuck ist der kleine Aufstieg geschafft. Als Bonus hat man auch noch einen wunderbaren Ausblick auf den Espelandsfossen, der auf der anderen Flussseite liegt und den wohl die meisten nur im Vorbeifahren sehen. Den Cache finden wir auch, also bis hierhin alles prima.

Von hier an haben wir nur ein paar Mal das Ausweichen von der Autobahn auf alte Touristvegen geplant. So machen wir immer noch Strecke, aber in schöner Gegend und wir können anhalten und erkunden, was wir so an der Route entdecken. Wir haben die Startpunkte extra im Navi markiert, damit wir sie ja nicht verpassen. Denn wenn man nicht aufpasst wie ein Schießhund ist man schwups im nächsten Tunnel und hat nix von der tollen Landschaft draußen.

Hinter Korlevoll wollen wir von der E314 auf Rodalsfjellet Touristvegen abbiegen, aber der ist noch mit einer Schranke gesperrt. Entweder war der Winter sehr schneereich, oder der Weg ist prinzipiell nur im Hochsommer befahrbar. Was bei unserer Routenplanung leider nirgendwo erwähnt wurde. Schade, aber wir nehmen es (noch) sportlich. Die eingesparte Zeit können wir auf dem Rest der Fahrt bestimmt gut gebrauchen.

Den nächsten Versuch starten wir hinter Roldal, aber auch Austmannaliavegen ist noch gesperrt. So langsam macht sich Enttäuschung und auch eine gewisse Vorahnung bei uns breit. Sollte der Haukelitunnel nicht mehr wegen Bauarbeiten gesperrt sein, werden wir dann über den Drystar Touristvegen fahren können? Letztes Jahr sind wir dort in Kolonne umgeleitet worden und konnten nirgends anhalten. Diesmal wollen ein bisschen mehr Zeit haben und den Weg in unserem Tempo erkunden. Aber es kommt wie befürchtet – auch diese Strecke ist noch nicht für den Verkehr geöffnet. Wir finden dann eher zufällig noch eine namenlose Nebenstraße, die uns doch noch ein bisschen mit schöner Gegend versorgt, aber insgesamt hatten wir uns von diesem Abschnitt viel mehr versprochen. Wollten wir doch ein letztes Mal Winter im Juni erleben.

Nachdem wir die Berge und den Schnee hinter uns gelassen haben, wird die Landschaft wieder weniger „norwegisch“. Es gibt Wald und Seen und je weiter südlich wir kommen, wieder viel mehr Besiedelung. Hatten wir damit gerechnet erst spät abends an unserem nächsten Ferienhaus anzukommen, sind wir dann doch ganz froh, dass wir schön früher am Ziel sind. Also fast am Ziel, denn die über die Buchungsplattform vermittelten Koordinaten sind laut Google irgendwo im Nirgendwo und es führt keine Straße dorthin. Der einzige Feldweg der uns hinführen soll ist – schon fast das Motto dieses Tages – mit einer abgeschlossenen Schranke versperrt. Dass das Haus etwas abgelegen ist, wussten wir und im Allgemeinen finden wir das meistens auch ganz schön so. Dass wir aber über eine Schotterpiste kilometerweit durch den Wald irren, finden wir eher nicht so doll.

Wir wechseln zu TomTom, der zumindest eine Straße (also Schotterpiste) anzeigt, die uns dahin bringen könnte, wo wir hinwollen. Wir sind schon kurz davor zu glauben, dass wir einem Betrug aufgesessen sind und es das Ferienhaus gar nicht gibt, als wir plötzlich mitten in einer riesigen Ferienhaussiedlung ankommen. Unser Auto sieht aus, als hätten wir an der Ralley Paris-Dakar teilgenommen, die Heckscheibe ist komplett dicht. Denn die Ferienhaussiedlung wird noch gebaut! Es gibt schon einige fertige Häuser (unter anderem unseres, also zumindest müssen wir nicht im Auto schlafen!), aber rechts und links und oben und unten sind noch Baustellen! Keine fünfzig Meter entfernt begrüßt uns ein Bagger und überall liegen Baumaterialen herum. Okay, so hatten wir uns unser luxuriöses Ferienhaus am See nicht vorgestellt. Immerhin ist der See tatsächlich nur ein paar hundert Meter entfernt. Leider sind es ein paar hundert Meter Luftlinie. Und die Häuser liegen am Hang über dem See. Mal eben hinlaufen sind also nicht, wie wir dachten, ein paar Minuten, sondern locker über eine halbe Stunde. Wir atmen tief durch und versuchen uns nicht zu sehr aufzuregen.

Zumindest hat das Haus eine wirklich schöne und große Sonnenterasse. Da es ganz frei liegt und es keine Bäume gibt, liegt es aber auch den ganzen Tag im prallen Sonnenschein und es gibt nirgendwo einen Sonnenschutz. Kein Schirm, keine Markise und der Hausschatten fällt hinten auf den Schottervorplatz mit Blick auf die Baustelle. Noch bevor wir schlafen gehen gucken wir, ob es nicht in der Nähe ein anderes Ferienhaus gibt und wir trotz der happigen Miete umziehen können. Leider finden wir aber nichts Anderes. Nach der langen Anfahrt legen wir am Sonntag die Füße hoch, bauen unseren eigenen Sonnenschutz für den Hängesessel und schmieden einen Plan, wie wir uns die Woche trotzdem schön machen. Ausschlafen dürfte schwierig werden, also werden wir in den sauren Apfel beißen und mit Beginn der Arbeiten aufstehen, trotzdem gemütlich frühstücken und dann los bis nachmittags, wenn die Handwerker wieder weg sind. Nicht das, was wir ursprünglich vorhatten, aber wir sind anpassungsfähig.

Der Sonntag ist dann auch sehr ruhig und entspannt, aber das Haus heizt sich in der Sonne schon ziemlich auf und gerade zum Schlafen unter dem Dach ist es eher suboptimal. Dass wir Montagmorgen vor halb sieben vom Bagger aus dem Schlaf gerissen werden und wir nicht mal die erhofften acht Uhr schaffen, macht es uns dann doch schwer optimistisch auf den Rest unseres Aufenthalts zu blicken..

Wenn es am See nicht erträglich ist, gehen wir halt ans Meer. Dachten wir. Aber in dieser Gegend ist die Küste sehr felsig und der Zugang zum Wasser ist, zumindest da wo wir es versuchen, hauptsächlich über kleine Yachthäfen möglich. Wir wollen aber nicht auf’s Wasser, sondern ans Wasser. Der nächste Ort ist Sannidal und eigentlich nur 15km entfernt. Pech, dass wir für die 5km Schotterpiste schon alleine über zwanzig Minuten brauche, bis wir zu einer asphaltierten Straße kommen. Nur gut, dass wir noch die alten Winterreifen drauf haben, die sowieso entsorgt werden müssen! Der nächste Küstenort ist Kragerø und der hat zumindest eine schöne Promenade mit bunten Holzhäuschen. Dahinter zieht sich ein Viertel mit den typischen weißen Holzhäuser mit rotem Dach und schmalen Gassen den Hügel hinauf. Ein netter Spaziergang. Wir hoffen auf eine schöne Aussicht von der Kirche aus, aber da werden wir leider – mal wieder – enttäuscht.

Uns nervt der viele Verkehr, es ist uns zu voll, wir sehen das erste Graffiti in Norwegen und die öffentlichen Toiletten, die wir bisher immer als unglaublich sauber und in Schuss erlebt haben – sogar in den abgelegensten Winkeln in denen wir unterwegs waren – sind oftmals im gleichen Zustand wie die Toilettenhäuschen auf deutschen Autobahnrastplätzen. Kurzum die Gegend begeistert uns nicht. Wir versuchen uns an ein paar Geocachingtouren, aber selbst die sind ziemlich erfolglos. Auch die erhoffte Ruhe am Abend finden wir nicht. Wenn die Handwerker, dankenswerterweise schon um vier Uhr, Feierabend machen, übernehmen die Laien und hämmern, schleifen und sägen an ihren Häusern herum. Erholung bleibt für uns aus und schließlich entscheiden wir uns, nicht bis zum bitteren Ende auszuharren und buchen unsere Fähre von Samstag auf Donnerstag um und reisen früher als geplant wieder heim. Zumindest haben wir so auf der Fähre zurück nach Deutschland eine entspannte Überfahrt, denn mitten in der Woche ist sie nur zu einem Drittel belegt. Die beiden „gewonnen“ Tage nutzen wir dann zu Hause um den Urlaub doch noch entspannt ausklingen zu lassen. Jeder weitere Urlaub in Norwegen wird für uns nur noch nördlich des 60ten Breitengrades stattfinden!

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