Irland 2022 – Céad míle fáilte – der Südosten

Die Pandemie hat uns alle gezwungen auf lieb gewordene Dinge und Beschäftigungen zu verzichten oder sie zumindest den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Und obwohl wir sicherlich keinen Grund haben uns zu beschweren, machen sich doch vereinzelt Entzugserscheinungen bemerkbar. Uns fehlt die grüne Insel. Die letzte Dosis Irland hatten wir im Januar 2020 und so langsam wird’s Zeit für die nächste. Da wir uns noch nicht wohl damit fühlen in ein Flugzeug zu steigen, fällt die Entscheidung für die lange Anreise mit dem Cachermobil. Auf dem Weg nach Cherbourg regnet es so viel, wie in den ganzen letzten Wochen zu Hause nicht. Wir hoffen, dass es kein Omen für den Rest des Urlaubs ist!

Aufgrund der Folgen unserer letzten Seereise (Corona) verfolgen wir diesmal eine Strategie der strikten Distanzierung. Der Captain pustet uns noch seine Einschätzung einer „ruhigen Überfahrt mit leichtem Wellengang und Wind aus südlicher Richtung“ in die Kabine, als wir uns schon bettfertig machen. Deshalb werden wir unschön überrascht, dass die Stena Horizon sich die ganze Nacht durch den Ärmelkanal und die keltische See kämpft und das Stampfen des Motors die Deckenverkleidung über unseren Köpfen Schuhplattler tanzen lässt. Das Rollen des Schiffes schubst uns fast aus der Koje, bis wir es in den frühen Morgenstunden in ruhigeres Fahrwasser schaffen. Offensichtlich haben der Captain und wir eine andere Auffassung, was eine ruhige Überfahrt ist! Glücklicherweise haben wir ja bis zum Anlegen keine Pläne und können uns nochmal für ein Nickerchen umdrehen 🙂 .

Ausschiffen, Passkontrolle und Zoll sind diesmal unproblematisch und relativ schnell erledigt. Irland begrüßt uns mit viel Sonne und Wind. Hoch über dem Strand von Rosslare kommt fast karibisches Feeling auf und versöhnt uns mit der holprigen Überfahrt. Der erste Strandspaziergang und wir sind endgültig im Urlaub 🙂 .

Wie so viele andere Touristen, haben wir eine klare Vorliebe für Irlands Westen und deshalb haben wir unsere Zelte noch nie im Südosten aufgeschlagen. Diesmal liegt unser erstes Feriendomizil aber nur eine knappe Fahrstunde von Rosslare, in Ballagh Court, Wexford. Hier sollte es also noch viel Neues für uns zu entdecken geben!

Wir reisen gerne mit dem Lonely Planet Reiseführer im Gepäck. Erstaunlicherweise ist der für Irland fast genauso dick wie der für Frankreich, obwohl die Insel nur ein Sechstel der Fläche Frankreichs hat und auch die Franzosen eine lange und ereignisreiche Geschichte vorzuweisen haben! Es ist also kein Wunder, dass man sich hier, im sogar so betitelten historischen Osten, vor den Überresten alter Abteien, Klöster, Kirchen, Burgen und Schlösser nicht retten kann. Gut dass wir alte Steine mögen 🙂 .

Besonders schön und gut erhalten ist Jerpoint Abbey und sie ist die fünf Euro Eintritt allemal wert. Der Kreuzgang ist auf zwei Seiten noch komplett erhalten und die Säulen sind mit detailreichen und sehenswerten Schnitzereien versehen. Einziger Nachteil: wo man Eintritt bezahlen muss, gibt es in der Regel auch Öffnungszeiten. Wir kommen – wie so oft – später als geplant und haben noch knapp eine Stunde Zeit für die Besichtigung. Positiver Nebeneffekt: es sind außer uns nur noch eine Handvoll Besucher da.

Neben alten Steinen besuchen wir auch Woodstock Garden. Schon allein wegen des Namens 🙂 . Allerdings ist dies entweder ein sehr naturbelassener Park, oder der Sommer war auch hier nicht allzu pflanzenfreundlich. Beeindruckend ist der Baumbestand mit einigen gigantischen Exemplaren. Ein schöner Spaziergang, aber mehr auch nicht.

Die Trockenheit der letzten Monate hat auch in den Wicklow Mountains ihre Spuren hinterlassen. Die Heide zeigt sich oft nur als endlose braune Fläche oder im tarnfarbenen Fleckenmuster. Aber trotzdem bietet sich uns, bei unserem Ausflug in den Nationalpark, ein atemberaubender Ausblick nach dem anderen. Und die kleine Currywurst (für die noch nicht eingeweihten: unsere Drohne) bekommt ordentlich was zu tun :-). Ruck zuck ist es Nachmittag und wir machen uns auf nach Glendalough. Das Tal wo der heilige Kevin als Einsiedler lebte und eine Klostersiedlung gründete, die heute noch in einem idyllischen Tal mit zwei Seen besichtigt werden kann. Aber wie so oft, der Ort und Parkplatz sind total überfüllt und nach all der Erhabenheit der einsamen Täler ist es uns zu viel Zirkus und wir verzichten auf den Stop. Dafür stolpern wir auf dem Rückweg über Baltinglass Abbey, die ein bisschen versteckt am Fluss Slaney liegt und ohne Eintritt und Öffnungszeiten zugänglich ist 🙂 .

Zwischendurch haben wir auch mal anderthalb Regentage. Am zweiten machen wir uns auf nach Waterford. Städte-Sightseeing geht ja auch ohne Sonne ganz gut. Unser Timing lässt aber schon wieder zu wünschen übrig, denn gerade als wir ankommen, hat die MS Maud der Hurtigruten Expeditions im Hafen festgemacht und die Innenstadt quillt über mit Besuchergruppen, die eine Stadtführung machen.

Waterford wurde im 8. Jahrhundert von Wikingern gegründet und das wird auch an jeder Ecke vermarktet. Vom Dragonslayer Sword – dem angeblich längsten Wikingerschwert der Welt – bis zur 3D Vikings Experience. Dazwischen jede Menge Kirchen und enge Gassen. Unser insgesamt eher triste Eindruck wird durch viele Wandbilder etwas abgemildert.

Für uns geht es südwärts, wo wir in Tramore nicht nur einen Strand für einen Spaziergang finden, sondern auch die beiden Brownstown Head Towers, zwei ungewöhnliche Türme, die von Lloyds in London nach einem Schiffsunglück errichtet wurden, als ein Schiff die Bucht für den Hafen von Waterford hielt und fast 400 Menschen ertranken. Heute blockiert ein verschlossenes Gatter den Zutritt und auch der daneben bereits entstandene Trampelpfad ist mit Stacheldraht blockiert. Gut, dass wir für solche Situationen die Currywurst los schicken können 🙂 . Eine kleine Klippenwanderung von Rathmoylan Cove Beach nach Portally Cove Beach rundet diesen Tag ab.

Östlich von Tramore befindet sich die sogenannte Kupferküste, weil hier in der Vergangenheit diverse Kupferminen in Betrieb waren. Wir starten unsere Erkundung in Ardmore. Der kleine Ort wird von einem 30 Meter hohem Rundturm dominiert. Direkt daneben befindet sich St. Declan’s Church und von beiden hat man einen Blick über den Strand. Ziemlich populär ist die Klippenwanderung, die vorbei an zwei Quellen, Wachtürmchen gegen eine französische Invasion und einem Kranwrack namens Samson führt. Wer spielt kann alle Punkte in einem Lab-Cache ablaufen. Wir können Ardmore auf jeden Fall empfehlen!

Dann geht es weiter gen Osten, bis wir abends wieder in Tramore ankommen. Dazwischen liegen unzählige Buchten, kleine Häfen und Örtchen, die teilweise nur aus einer Handvoll Häuser bestehen und jede Menge zerklüftete Küste. Wir befinden uns mitten in einem Gaeltach Gebiet, das heißt, alle Schilder sind auf gälisch und manchmal erklären nicht mal die hilfreich hinzugefügten Piktogramme was gemeint ist. Gut, dass wir heutzutage nicht mehr nach Schildern navigieren! Als die Sonne untergeht, macht die Kupferküste ihrem Namen nochmal alle Ehre, als die Felsen im Abendlicht rot aufleuchten.

Hook Lighthouse am Ende der gleichnamigen Halbinsel ist uns wärmstens empfohlen worden und wir hatten diese auch so schon in unserer Planung, da gemäß Reiseführer allerlei interessante Punkte auf dem Rundkurs liegen. Wir starten morgens mit Dunbrody Abbey. Laut Internet ist sie aktuell geschlossen. Aber die Abbey ist frei zugänglich. Geschlossen ist das gleichnamige Schloss mit Minigolf und Irrgarten und Firlefanz. Firlefanz ist ja eh nicht für uns, aber die Abbey ist sehr nett. Wieder mal umsonst und draußen :-).

Die Halbinsel erfüllt unsere Erwartungen leider nicht. Der erste Punkt auf unserer Liste wäre Duncannon Fort, aber das ist tatsächlich geschlossen. Der Ort selbst ist auch eher unscheinbar. Die Scenic Route verläuft leider nicht am Wasser und bietet nicht die erhofften Aussichten. Der Leuchtturm ist schön geringelt, aber wir wollen nicht ins überfüllte Café oder auf die Aussichtsplattform. Stattdessen würden wir gerne um den Turm spazieren, aber der Weg ist mit einem doppelt verschlossenen Gatter versperrt. Es läuft heute nicht so, wie wir es erhofft haben. Ab hier machen wir aus dem Tagesausflug eine Geocaching-Tour, das klappt besser :-). Als Abschluss steht Tintern Abbey auf dem Programm. Wie üblich sind wir zu spät und die Abbey hat geschlossen. Aber drum herum gibt es jede Menge Spazier- und Wanderwege, die für einen schönen Ausklang sorgen.

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