Norwegen 2022 – Lofoten

Wer an Norwegen denkt sieht wahrscheinlich gleich hübsche rote Holzhäuschen am Wasser vor hohen Bergen vor seinem inneren Auge. Bilder, die mit großer Wahrscheinlichkeit von Lofoten stammen. Und das wäre die richtige Bezeichnung für die Region. Denn die Endung -en ist im Norwegischen der bestimmte Artikel Singular, während es für uns deutschen Muttersprachler als Plural wahrgenommen wird. Für uns klingt es daher richtig von „den Lofoten“ zu schreiben und deshalb wird es uns hier wohl auch passieren, obwohl wir wissen, dass es eigentlich nicht richtig ist 😉 .

Auf unserer Fahrt von Svolvær zurück nach Stamsund bekommen wir einen ersten Eindruck, was uns in den nächsten Tagen erwartet. Es ist 22:00 Uhr und die Sonne scheint immer noch. Wir fahren malerisch am Wasser entlang und hinter jeder Biegung steigen Berge steil auf. Unsere Befürchtung, dass es hier oben – wir sind immerhin auf einem Breitengrad mit Grönland oder Alaska – noch winterlich kahl ist, bewahrheitet sich nicht. Die Birken sind schon frühlingsgrün und der Straßenrand ist gelb vor lauter Löwenzahn. In unserem Garten würden die radikal entfernt, aber hier finden wir es sehr hübsch!

Fischfang war und ist eine wichtige Einnahmequelle hier oben. Vor allem der Dorsch, der im Winter zum laichen zu den Lofoten zieht. Dazu später noch mehr. In der Vergangenheit kamen zur Saison zehntausende Fischer auf die Inseln. Untergebracht wurden sie oft in Rorbu, den roten Stelzenhäusern, die aus Platzmangel ganz oder teilweise über Wasser gebaut sind. Traditionell finden sie sich in Hafennähe. Unsere Unterkunft in Stamsund ist ein solches Rorbu. Sicherlich kein Original, aber dafür deutlich komfortabler 🙂 . Nach dem Auspacken sind wir noch nicht müde und machen einen ersten Mitternachtsspaziergang durch die Nachbarschaft. Dann versuchen wir zu schlafen, was ein bisschen schwierig ist, da es keine Möglichkeit gibt, die großen Fenster im Wohnzimmer abzudunkeln und die Sonne immer noch scheint!

Die Hauptinseln Austvågøya, Gimsøya, Vestvågøy, Flakstadøy und Moskenesøy sind über eine Hauptstraße, die E10, bequem über Brücken miteinander verbunden. Allerdings sollte man sich keine Illusionen machen, dass es auch eine schnelle Verbindung ist. Oft gilt ein Tempolimit von 50 oder 60 kmh. Ohne einen eigenen fahrbaren Untersatz geht es wohl, aber die Busverbindungen scheinen uns zwar vorhanden zu sein, aber nicht allzu regelmäßig. Was uns aber sehr regelmäßig und reichlich begegnet sind Wohnmobile (WoMos) und Campervans. Die meisten tatsächlich mit deutschen Kennzeichnen, gefolgt von Niederländern, Franzosen und Norwegern. Den dritten Platz teilen sich die Dänen, Schweizer und Österreicher. Und gelegentlich kommen ein paar Schweden, Italiener und Spanier dazu. Kurzum, hier ist ordentlich was los auf den Straßen. Gefühlt ist jedes vierte Auto ein Tourist und uns damit schon in der Vorsaison viel zu viel. Wir möchten gar nicht wissen, wie es hier im Hochsommer zugeht.

Die größte Stadt auf Vestvågøy ist Leknes. Sie sieht am besten aus der Ferne und im Panorama aus. Südlich liegt Gravdal mit der Busknes Kirke im Zuckerbäcker-Stil. Ganz unaufgeregt am Straßenrand gelegen aber leider nur sonntags zum Gottesdienst geöffnet. Nördlich findet sich Haukland Strand, den man mit seinem türkisgrünen Wasser durchaus in die Karibik verorten könnte. Die Straße dorthin ist relativ schmal und voller WoMos. Aber irgendwann kommen wir an und können sogar die kleine Currywurst starten lassen. Der Himmel ist bedeckt und die Wolken wirken wie gemalt. Von Haukland kann man weiter zum nächsten Strand nach Uttakleiv wandern, aber dafür ist es uns heute zu ungemütlich. Wir folgen also der Straße durch einen eher unheimlichen Tunnel, um festzustellen, dass man in Uttakleiv für’s Parken bezahlen soll und das auch schon diverse Besucher getan haben. Unser Urteil: zu voll und zu teuer, also nix für uns.

Ansonsten hat die Insel genau das zu bieten, was wir erwarten. Berge und Fjorde bzw. Meer in Hülle und Fülle. Dazwischen kleine Örtchen und immer wieder die roten Holzhäuschen als Farbtupfer in der Landschaft.

Gleich am ersten Abend zieht es uns nach Eggum, da dies eine der besten Stellen zum Beobachten der Mitternachtssonne sein soll. Und tatsächlich haben wir Glück und sehen trotz Wolken die Sonne fast unter- und auch gleich wieder aufgehen. Oft liegt abends nämlich ein dichtes Wolkenband über dem Horizont, hinter dem die Sonne sich versteckt.

Unstad Strand ist wohl ein bekannter Surfer-Spot, aber als wir dort sind ändert sich gerade das Wetter und dunkle Wolken hängen tief an den Bergen. Außerdem pustet uns ein winterlicher Wind ordentlich durch bevor dicke fette Regentropfen vom Himmel donnern. Das ist sogar hartgesottenen Surfern zu ungemütlich und der Strand ist verlassen und leer.

Flakstadøy ist erstaunlicherweise nach dem winzigen Ort Flakstad benannt, der nur ein paar Häuser und eine Kirche zählt. Die ist allerdings knallrot und von einem Zwiebelturm gekrönt. Wir können sie besonders lange bewundern, denn aufgrund von Bauarbeiten stehen wir fast eine Stunde im Stau auf dem Weg nach Ramberg, wo ein schöner langer Sandstrand die Hauptattraktion ist. Zumindest wenn die Zugangsstraße nicht erneuert wird, die Parkplätze von Baumaschinen blockiert werden und eine Blechlawine sich im Schritttempo daran vorbeischiebt.

Da genießen wir doch lieber die spektakulären Fjorde, deren Wasser in kürzester Zeit von türkisgrün im Sonnenschein zu bleigrau unter einer Wolkendecke wechselt. Und oft gibt es mehr oder weniger schneebedeckte Berge als Hintergrund gleich dazu. Da bekommt die kleine Currywurst reichlich zu tun und wir sind oft so fasziniert, dass wir sogar das Geocachen total vergessen 😉 . Nusfjord wird immer wieder als sehenswert angepriesen, aber als wir dort ankommen, liegt das kleine Dorf schon fast gänzlich im Schatten der Berge und wirkt auf uns dadurch eher düster und unscheinbar. Ein Besuch sollte wohl besser nicht am späten Nachmittag oder Abend geplant werden. Aber für uns war auch der Weg dorthin durchaus sehenswert.

Von Gimsøya sehen die meisten wahrscheinlich nur die Südküste, wenn sie auf der E10 gen Westen reisen. Zu unrecht, denn die kleine Insel hat ausgedehnte Moore und eine schöne Küste zu bieten. Während wir da sind ziehen gerade tiefhängende Wolken in die Fjorde. Ganz langsam schieben sie sich über die Berggipfel, die immer noch von der Sonne beschienen werden. Ach, da könnten wir stundenlang zusehen.

Und sie hängen auch so tief, dass sie fast am Turm der kleinen Gimsøy Kirke zu kleben scheinen. Die liegt ganz idyllisch direkt am Strand mit wieder mal türkisgrünem Wasser und allein deswegen sollte man den kleinen Schlenker über die Insel auf jeden Fall machen.

Auf Moskenesøy finden sich die besonders bekannten und dekorativen Örtchen, deren Bilder uns – und viele andere – hierher locken. Heute bietet sich uns tatsächlich der so häufig beworbene Anblick von bunten Häusern vor schroffer Bergwand und blauem Himmel im Sonnenschein. Allerdings können wir es erst beim zweiten Anlauf bewundern, nachdem wir endlich einen Parkplatz ergattert haben. Hier ist es schon ziemlich voll 🙁 .

In Å i Lofoten endet die E10. Wer noch weiter auf die vorgelagerten Inseln möchte, muss ab hier auf’s Boot umsteigen. Das Dorf ist praktisch ein einziges Freilichtmuseum voller roter Holzhäuser und Rorbuer unter den massiven Felsen um den kleinen Hafen. Parken ist diesmal kein Problem, aber die Dimensionen des Parkplatzes am Ende des Dorfes lassen uns schaudern, was hier im Sommer an Touristen offenbar hin gekarrt und durch geschleust wird. Heute ist es aber noch erträglich 🙂 . Spannend ist, dass es hier mehr Möwen als Einwohner gibt. Und sie brüten auf Dächern, an Häuserwänden und Nischen und fliegen völlig unbeeindruckt von den Besuchern zwischen den Gebäuden und über dem Hafen herum. Das Tal ist erfüllt vom Kreischen und Schreien der ziemlich großen Vögel. Zumindest kommen sie uns ganz schön groß vor, wenn sie auf uns zu und um uns drum herum brausen. Wir werden aber von Shit-Bomben verschont! Wer es ruhiger möchte, kann um den See Ågvatnet wandern. Nach den Regenfällen der letzten Tage ist der Weg aber extrem sumpfig, so dass wir darauf verzichten.

Nach diesen beiden touristischen Superlativen, könnte man Hamnøy fast übersehen und wer nicht aufpasst ist auch schon dran vorbei, bevor man das Ortsschild richtig gelesen hat. Aber auch dieser winzige Ort ist ganz hübsch.

Heute ist nur noch die Südostküste der Insel besiedelt, die wenigen Bewohner der Nord- und Westküste wurden irgendwann zwangsumgesiedelt und die Infrastruktur weitgehend aufgegeben. Wer über die Kondition und genug Vertrauen in seinen Navigationssinn verfügt, kann über verschiedene Wanderrouten – mehr oder weniger ausgeschildert – quer über die Insel wandern. Oder direkt per Boot anreisen. Wir haben allerdings keine Tourenanbieter gesehen, zugegebenermaßen aber auch nicht explizit danach gesucht.

Bei unserer Ankunf in Svolvær haben wir Austvågøya recht schnell wieder verlassen und sind an der Abzweigung vorbeigebrauchst. Aber ganz am südlichen Ende befindet sich Henningsvær, mit wohl einem der fotogensten Fußballplätze der Welt. Zumindest dachte das vor einiger Zeit National Geographic, als eine Luftaufnahme davon den dritten Platz bei einem Fotowettbewerb belegte. Seitdem pilgern die Touristen in Scharen hierher, obwohl man vom Boden aus nicht mehr als ein ganz normales Fußballfeld sieht, das allerdings einen wirklich schönen Ausblick bietet. Erst aus der Luft wird es richtig interessant und zum Glück haben wir ja die kleine Currywurst 🙂 . Die bleibt allerdings nicht lange alleine. Während unseres Besuchs steigen noch zwei weitere – kleine – Drohnen auf.

Den Rest von Austvågøya haben wir für unseren Umzugstag auf die Vesterålen eingeplant, aber leider schüttet es an dem Tag wie Kübeln. Nass und kalt macht kein Spaziergang und keine Besichtigung Spaß. Vielleicht haben wir auf dem Rückweg mehr Glück.

Lofoten und Fischfang sind untrennbar miteinander verbunden. Von Januar bis April wird der Dorsch gefangen, der dann überall auf den Inseln auf Holzgestellen, ironisch auch Lofoten-Kathedralen genannt, getrocknet wird. Meistens kann man es bereits riechen, bevor man es sieht. Wir haben das „Glück“, dass es noch reichlich Stockfisch zu sehen gibt. Es heißt Stockfisch, weil jeweils zwei Exemplare – von Kopf und Innereien befreit – an der Schwanzflosse zusammengebunden und dann über eine Stock gehängt werden. Wobei wir auch viele Exemplare mit Kopf sehen. Und zwar an so gut wie jeder windexponierten Stelle. Nur wenige Gestelle, sind bereits „abgeerntet“. Die gute Qualität wird überwiegend nach Südeuropa und Schweden exportiert, während die separat getrockneten Köpfe hauptsächlich nach Afrika gehen. Es ist makaber und faszinierend zugleich. Vom Geruch lässt sich übrigens problemlos auf den Geschmack schließen und wir können diese Spezialität definitiv nicht empfehlen! Wer ein bisschen empfindlich ist, sollte die nächste Galerie lieber überspringen 😉 .

Diesen Urlaub sind wir zumindest bezüglich der Bilder- und Videosichtung und Bearbeitung sehr gut organisiert und hatten auch einige Regentage (wer immer uns nach dem schlechten Wetter in Irland fragt, war offensichtlich noch nie in Norwegen!). So können wir hier schon eine kleine Kostprobe unserer Luftaufnahmen präsentieren. Ausführlicher wird’s dann mit dem kompletten Film. Aber wir möchten alle Interessierten warnen – jeder der möchte kann ihn natürlich gerne in einigen Wochen mit uns ansehen, aber er wird lang. Seeeeehr lang 😉 .

Lofoten 2022 mit der Drohne

Eine Antwort auf „Norwegen 2022 – Lofoten“

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