Norwegen 2023 – Von Turistvegern und Wasserfällen

Umzugstage im Urlaub sind bei uns häufig eher hektisch, da wir auf der einen Seite die Entfernung zum nächsten Ferienhaus zurücklegen müssen, auf der anderen Seite aber auch Sehenswertes an der Strecke nicht verpassen wollen. In Norwegen, wo größere Strecken viel Zeit brauchen, ist das eine besondere Herausforderung. Für die etwa 370 Kilometer von Ålgård nach Norheimsund werden vom Routenplaner sechseinhalb Stunden reine Fahrzeit ausgespuckt. Da wir nicht nur die Autobahn sehen wollen, haben wir eine Übernachtung auf halber Strecke eingeplant und können so die Tage etwas entspannter angehen.

Abseits der Autobahnen empfehlen sich die Norwegischen Landschaftsrouten bzw. Nasjonale Turistveger. Das sind 18 über ganz Norwegen verteilte Routen durch landschaftlich besonders schöne Gegenden. Entlang der Routen gibt es oft Kunstwerke oder besondere Rastplätze und Aussichtspunkte. Wir arbeiten uns langsam durch die Liste durch 😉 . 2015 haben wir bereits Gaularfjellet und Sognefjellet absolviert. Letztes Jahr dann natürlich Lofoten und Andøya und dieses Jahr schon Jæren an der Südwestküste. Unser Weg nach Norden stimmt in großes Teilen mit Ryfylke überein. Wir müssen uns nur entscheiden ob wir rechts oder links den Sandfjord hochfahren, aber da die linke Route über die Fv 46 nur im Hochsommer sicher befahrbar ist, fällt unsere Wahl auf rechts rum. Als Tagesziel steuern wir das Ryfylke Fjordhotel in Sand an.

Da wir die Küstenstraße ja schon kennen, geht es bis Stavanger für uns erstmal über die E39 und wir kommen gut voran. Je weiter wir gen Norden fahren, je mehr Wolken ziehen auf. Aber es bleibt trocken und in weiten Abschnitten sogar sonnig. Wir sind zwar nicht mehr am Meer, aber die Binnenseen zaubern eine ebenso schöne Szenerie! Dann werden die Orte weniger und weniger und die Natur übernimmt komplett. Das ist unser Bilderbuchnorwegen, das uns wieder hierher gelockt hat.

Eine kleine Überraschung erleben wir am Hjelmedal Fährkai, den wir zwar schon sehen können, aber bis dahin erstreckt sich vor uns eine lange Autoschlange. Offensichtlich wollen Freitag nachmittags nicht nur Touristen übersetzen. Es gibt sechs Wartespuren und wir landen in der Mitte der vierten. Die Fähre sieht gar nicht so groß aus, aber wir haben Glück und kommen noch mit der von uns angestrebten Abfahrt mit. Die sechste Spur bleibt allerdings am Kai stehen und muss auf die nächste Fähre warten. Bezahlt wird auf den meisten Fähren in Norwegen nicht mehr am Kai oder an Bord. Stattdessen laufen die Angestellten nur mir ihrem Handy herum und scannen die Kennzeichen. Da wir uns bereits letztes Jahr für ferrypay.no registriert haben, erhalten wir einen Daumen hoch und sind beruhigt, dass alles noch funktioniert. Im Fjordland werden wir noch öfter per Fähre unterwegs sein.

Auch unser Hotel ist voll digital. Wir haben online bereits eingecheckt und den Code für unser Zimmer erhalten. Völlig flexibel können wir kommen und gehen wie wir möchten. Direkt am Hafen gelegen bietet es einen tollen Ausblick in den Boknafjord. Wir drehen eine kurze Runde, bevor uns der Hunger packt. Abends ein offenes Restaurant in Sand zu finden ist recht einfach. Außer dem hoteleigenem Restaurant gibt es – nichts. Das erleichtert uns die Auswahl 🙂 . Essen ist okay, der Ausblick, wie erwähnt sehr schön und das Personal super freundlich. Wir amüsieren uns über die einheimische Jugend, die Freitag abends in ihr kleines Motorboot hüpft und bei langsamer Fahr im Boot stehend (!) angelt. Jedem sein eigenes Vergnügen.

Nach einem sehr guten Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg. Jetzt kommen wir langsam in die Gegend, die uns letztes Jahr bei der Durchfahrt von Ost nach West und zurück so positiv überrascht hat. Die Berge werden höher und sind oben weiß überpudert. Die Seen und Fjorde werden breiter und wir treffen in Suldal, wo wir schnell noch ein paar Teile einkaufen, bevor die Geschäfte über die Pfingsttage schließen, auf den größten Holzhasen, den wir je gesehen haben und die norwegische Version vom Monster von Loch Ness. Ob die legendäre Seeschlange tatsächlich so farbenfroh aussieht, wie die Version am alten Anleger in Nesflaten wagen wir aber mal zu bezweifeln.

Und dann sehen wir auch noch die ersten blühenden Apfelbäume! Hatten wir letztes Jahr auf dem Hinweg keine Zeit und waren auf dem Rückweg zu spät, sind wir jetzt genau richtig. Am Hardangerfjord sollten wir sogar kleine blühende Obstplantagen sehen. Nicht nur die Landschaft wird immer dramatischer, auch der Himmel zieht alle Register und schließlich fängt es ordentlich an zu regnen. Wir schaffen es gerade so halbwegs trocken das Cachermobil in Norheimsund zu entladen. Die nächsten zwei Tage wird es nicht besser, aber wir können eine Pause ganz gut gebrauchen, denn die erfolgreichen Cachertouren der letzten Woche haben Spuren hinterlassen und einer von vier Knöcheln ist dick wie eine Apfelsine und froh über ein bisschen Ruhe und Pflege.

Aber natürlich sind wir nicht (nur) zum Faulenzen her gekommen! Wenn man den Hardangerfjord auf dem Ålvikvegen und die Rv7 entlang fährt (ein Teil der Landschaftsroute Hardanger) hat man nicht nur eine wunderbare Aussicht, sondern passiert auch einen infrastrukturellen Leckerbissen. Tunnel sind generell und in Norwegen nun wirklich nichts Besonderes, aber dass sie im Vallaviktunnelen einen Kreisverkehr eingebaut haben, hat uns letztes Jahr schon beeindruckt. Danach folgt die Hardangerbrua, mal eine Brücke, statt einem Tunnel, bevor es in Butunnelen gleich den nächsten blau ausgeleuchteten Kreisverkehrt gibt. Wir drehen jeweils eine Ehrenrunde, damit sich die happige Maut auch gelohnt hat 😉 .

In Eidfjord wartet schon die nächste Überraschung auf uns. Vom Ort ist fast nichts zu sehen, weil ein – im Vergleich – riesiges Kreuzfahrtschiff am Kai liegt. Sehr bizzar, denn der Ort ist sehr klein und ertrinkt förmlich in den Passagieren. An der Promenade haben sich die Einheimischen viel Mühe gegeben und den Bäumen schicke und lustige Mäntelchen gestrickt(?), gehäkelt(?). Wenigstens eine Sehenswürdigkeit für die Kreuzfahrer 😉 .

Für uns ist Eidfjord aber nicht das Ziel, sondern der Anfang einer weiteren Landschaftsroute: Hardangervidda. Die Hardangervidda ist die größte Hochebene Europas und der größte Nationalpark in Norwegen mit der größten wildlebenden Rentierherde. Ganz schön viele Superlative und damit das so bleibt, ist der Zugang nur Wanderern, Radfahrern und der Bergenbahn gestattet. Der Autoverkehr muss überwiegend draußen bleiben, bis auf die Landschaftsroute. Im Westen starten wir im grünen Måbødalen Tal, das mit seinen Serpentinen und den zunehmend steiler aufragenden Felswänden erste Anzeichen gibt, dass es ins Hochgebirge geht. Der Winter ist hier oben noch lange nicht vorbei, die Landschaftsroute ist aber ganzjährig befahrbar. Bei starkem Schneefall oder Schneeverwehungen kann allerdings Kolonnenfahren hinter den Räumfahrzeugen angeordnet werden. Insgesamt ist die Straße, als eine der wenigen Ost-West-Verbindungen in der Gegend, stark befahren. Da sind nicht nur die Touristen mit ihren Autos, CamperVans, Wohnwagen und -mobilen, sondern auch die Einheimischen (die uns schon ein bisschen leid tun, dass sie sich ständig mit den doofen Touris rumärgern müssen) unterwegs sondern auch LKWs. Sehr viele LKWs. Die natürlich auch nicht so gemütlich unterwegs sind, wie wir.

Ende Mai ist die Landschaft mehr oder weniger kuhfleckig. Es gibt noch weite weiße Flächen, die uns trotz Sonnenbrille bei strahlender Sonne blenden. Aber auch Abschnitte, wo der Schnee schon überwiegend geschmolzen ist. Dazwischen immer wieder mehr oder weniger gefrorene Seen und Flüsse, auf denen Eisschollen treiben und über Stromschnellen tanzen. Vereinzelte Schutzhütten bilden kleine Farbtupfer in der Landschaft, sofern sie nicht zugeschneit sind. Der Schnee ist allerdings matschig und der Untergrund sumpfig und nicht schön zu laufen. Das Los der Nebensaison. Das Ende der Route in Haugastøl ist eher ernüchternd und wir halten uns nicht lange auf, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Da es nur die eine Strasse gibt, fahren wir also die gleiche Strecke wieder zurück. Aber bei der Landschaft kann man das verkraften 😉 .

Der Vøringsfossen ist einer von unzähligen Wasserfällen in Norwegen, aber mit einer Gesamthöhe von 183m, davon über 150m in einem freien Fall, schon außergewöhnlich. In unserem Reiseführer (in der Auflage von Januar 2022) werden noch diverse Parkbuchten und ein Hotelparkplatz als beste Aussichtsplätze beschrieben, aber aktuell wird ein ganzes Netz von Plattformen und Metallstegen gebaut, so dass es kein Problem ist, die Wassermassen aus unzähligen Perspektiven ins Tal stürzen zu sehen. Eigentlich ist es auch nicht ein, sondern mehrere Wasserfälle, die es hier zu bestaunen gibt. Das macht Vøringsfossen zu einer der Top-Attraktionen der Gegend, manchmal, je nach Liste, sogar zu einer der Top 10 Sehenswürdigkeiten Norwegens. Der Parkplatz lässt erahnen, welche Massen hier durchgeschleust werden und auch wir haben das Pech, dass zeitgleich mit uns zwei Reisebusse ankommen. Eine Landung Belgier und eine Ladung Koreaner ergießt sich ins Gelände und drängelt sich um den vermeintlich besten Selfie-Spot. Aber nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und es bleiben nur noch ein paar Individualreisende übrig. Die neuen Metallstege sind für jeden gut zu erlaufen, aber dazwischen finden sich doch noch ein paar Abschnitte, wo es keine angelegten Wege gibt und man sich seinen Weg über Wurzeln und Steine selbst suchen muss. Von uns eine klare Empfehlung, besonders wenn in absehbarer Zeit die Bauarbeiten beendet sind und man von beiden Seiten ins Tal und auf die Wasserfälle schauen kann.

Danach machen wir noch einen Abstecher zum Skjervsfossen, aber zugegebenermaßen kann er bei uns jetzt nicht mehr punkten. Auch wenn er über 150m hoch ist.

Die Halbinsel zwischen Odda und Jondal, die in den Hardangerfjord hineinragt, haben wir auf der Durchreise nur gestreift und lediglich am Låtefossen mehr Zeit verbracht. Aber das ist natürlich nicht der einzige Wasserfall, den es hier zu bestaunen gibt. in Stück nördlich liegen sich der Tjørnadalsfossen und der Strandsfossen am Ufer des Sandvinvatnet fast genau gegenüber. Beide sind am besten vom gegenüberliegenden Ufer zu sehen.

Odda selbst trägt noch tiefe Spuren der früheren und aktuellen Industrie. Es gibt durchaus noch schöne alte Holzhäuser, aber meist Tür an Tür mit modernen Wohngebäuden. Wir konnten nicht viel Schönes finden und haben hier nicht viel Zeit verbracht.

Utne dagegen, ist ein kleiner Ort im Norden der Halbinsel und mit seinen weißen Holzhäusern sehr hübsch. Außerdem beginnt hier der angeblich schönste Teil der Landschaftsroute Hardanger. Tatsächlich führt die Straße Richtung Jondal durch kleine Dörfer und Apfelplantagen und man hat auch schöne Ausblicke auf den Fjord. Aber selbst für uns erprobte einspurig-mit-Gegenverkehr-Fahrer ist die schmale Fahrbahn eine Herausforderung und wir sind froh, dass an diesem Abend außer uns kaum jemand hier unterwegs ist. Wie das im Sommer mit mehr Touristen und Wohnmobilen funktioniert ist uns ein Rätsel. Über weite Strecken gibt es rechts und links weder Leitplanken noch sonst eine Begrenzung und wir kriegen im Schneckentempo gen Süden. Ob wir nur zu müde waren oder schon zu voll mit anderen tollen Eindrücken, aber für uns hat sich der Weg nicht sonderlich von den anderen Fjordstraßen unterschieden.

Etwas weiter südlich befindet sich der Nationalpark Folgefonna, mit Norwegens drittgrößtem Gletscher. Der lugt immer mal wieder an Wegbiegungen durch die Wolkendecke. Gletscherwanderungen sind hier eine große Touristenattraktion. Wir finden aber auch den Rest sehr sehenswert! Vom reissenden Bach/Fluss Bondhuselva in Sundal über einen schönen Picknick-Platz in Dimmelsvik bis zu den Alpakas in Rosendal.

Wenn man kurz vor Dimmelsvik die Fv40 nimmt und dann auf Fjellhauvegen abbiegt, kommt man auf eine namenslose Straße, die immer weiter in die Berge führt. Hier liegt ein See neben dem anderen und an den meisten sind kleine Staudämme und Wasserkraftwerke. Theoretisch führt die Straße bis zum Gletschersee Mosevatnet, aber für uns ist leider 1,5km vorher an der Blåfalli IV Power Station Schluss. Das letzte Stück wird nicht geräumt und es liegen noch fast zwei Meter Schnee. Schade, aber auch bis hierhin hat sich der Weg gelohnt.

In unmittelbarer Nähe unseres Ferienhauses befindet sich der Hardanger Sky Space. Eine Kunstinstallation, die Sonnenauf- und -untergänge spektakulär erlebbar machen soll. Die Kritiken sind nicht schlecht und wir buchen uns zwei Tickets. Lustig finden wir schon die Info, dass man einfach klopfen soll, wenn man ankommt und wenn keiner die Tür aufmacht kann man den Schlüssel im nahegelegenen Hotel abholen. Wir klopfen, aber nix passiert, also auf zum Hotel. Der Sky Space ist ein kleines Gebäude und im Dach ist eine ovale Öffnung, durch die man den Himmel sieht. Die Innenwände werden, in unserem Fall, zum Sonnenuntergang unterschiedlich farblich angestrahlt, wodurch sich das menschliche Auge veräppeln lässt und die Farbe des Himmels sich auch ändert. Man sitzt also eigentlich nur auf einer Steinbank und starrt nach oben. Wir sind an diesem Abend die einzigen Besucher. Das ist auch gut so, denn einige treffsichere Möwen haben es geschafft durch die Dachöffnung zu sch…. und wir finden so gerade ein sauberes Plätzchen zum Sitzen. Es werden Isomatten zur Verfügung gestellt, denn Außentemperatur = Innentemperatur. Wir nutzen zwei zum drauf sitzen und zwei als Nackenrollen. Dann machen wir uns noch ein bisschen Chill-out Musik an und gucken eine Stunde den wechselnden Farben zu. Die Fotolinse lässt sich natürlich nicht veräppeln, weswegen die Fotos nicht genau das wiedergeben, was wir gesehen haben. Nicht das aufregendste Erlebnis, aber interessant. Und die Abendstimmung in Øystese gibt es als Sahnehäubchen oben drauf.

Da wir noch nicht genug Wasserfälle gesehen haben, darf ein Abstecher zum Steindalsfossen nicht fehlen. Den haben wir letztes Jahr zweimal auf der Durchreise gesehen, hatten aber keine Zeit ihn näher zu erkunden. Der Clou ist hier, dass man hinter dem Wasserfall durchlaufen kann. Auch das eine beliebte Sehenswürdigkeit, aber für uns ist die Besucheranzahl noch erträglich. Vor allem, wenn man den beliebten Selfie-Spot am Fuß des Wasserfalls meidet. Und das war für uns auch der letzte Stopp unserer Woche im Fjordland. Weiter geht es für uns an der Südküste.

Norwegen 2023 – Schon wieder?

Das Internet ist Schuld! Seit wir unsere Fähre für unseren Norwegen Urlaub 2022 (den Blog findet ihr hier) gebucht haben, werden wir mit Werbung für die MS Romantika bombardiert. Die fährt seit April 2022 zwischen Eemshaven in Holland nach Kristiansand in Norwegen. Und da können wir natürlich nicht anderes, als gleich mal eine Überfahrt zu buchen. Ironischerweise fährt die Holland-Norway Lines dann aber gar nicht mehr ab Holland. Es gab wohl Schwierigkeiten den Platz am Kai in Eemshaven permanent zu garantieren. Wir fahren ab Cuxhaven und zurück geht es nach Emden, das ist ja fast in Holland 😉 .

Da Cuxhaven nur vorübergehend angefahren wird, ist der Anleger mäßig bis gar nicht ausgeschildert und das Einchecken etwas umständlich. Wir werden angewiesen zu parken und müssen uns dann in die Schlange stellen, um an improvisierten Schaltern unsere Boardkarten in Empfang zu nehmen. Für uns nur etwas lästig, aber auch diese Überfahrt wird als Mini-Cruise verkauft und diese Passagiere müssen sich mit ihrem gesamten Gepäck abschleppen. Das Schiff hat mehrere Restaurants, den obligatorischen Shop und für die Abendunterhaltung Disco, Casino und Show. Und ist rappelvoll. Auf dem Autodeck drängeln sich die Motorräder und auf dem Aussendeck ist kein Platz zu bekommen. Bis der Wind wie üblich den Großteil der Schönwetter-Reisenden nach drinnen treibt. Die Ausfahrt kann mit der Kieler Bucht nicht mithalten, aber wir sind ja auch nicht nur für die Aussicht hier. Obwohl über 2000 Passagiere an Board sind, ist es die sprichwörtlich ruhigste Fährfahrt, die wir je hatten. Man spürt kaum eine Schiffsbewegung, nichts rappelt und zumindest auf unserem Flur benehmen sich alle vernünftig und rücksichtsvoll.

Ausschiffen in Kristiansand geht schnell und problemlos. Es passen „nur“ 60 LKW und 300 PKW auf die Fähre. Da ein Großteil der Stellplätze von Wohnmobilen und Motorrädern eingenommen wird, die beide warten müssen, bis wir Platz gemacht haben, sind wir ruck-zuck an Land. Kristiansand reizt uns nicht sonderlich und wir machen uns auf den Weg die Küste entlang gen Norden. In Spangereid und Svenevig machen wir Station und bestaunen reihenweise Bootshäuser. Die Norweger bauen ihren Wasserfahrzeugen wirklich schicke Garagen!
Loshaven ist ein kleines Dorf voller weißer Holzhäuser, dekorativ am Lyngdalfjord gelegen. Autos müssen draußen bleiben und es gibt außer uns gerade keine anderen Besucher. Direkt am Wasser führt ein schön gepflasterter Weg um die Häuser herum. Zwischen den Gebäuden ist es oft nur ein Streifen Gras. Sehr idyllisch!
Ein kurzes Stück weiter bietet sich Lomsesanden für einen Strandspaziergang an. Hinter dem Campingplatz liegt ein schöner Sandstreifen, eingerahmt von einer Dünenlandschaft, durch die man stromern kann. Auch kletterfreudige Spaziergänger können sich auf der Halbinsel austoben.
Als wir Lista Fyr erreichen ist der Leuchtturm schon geschlossen, aber das Gelände ist noch offen. Statt Schafen weiden hier Alpakas an der Küste, für uns ein kurioser Anblick. Unterhalb des Leuchtturms befinden sich noch Reste von Bunkeranlagen aus dem zweiten Weltkrieg. Die werden hier gerne als „Sehenswürdigkeit“ ausgewiesen. Wer sich dafür interessiert sollte seine Klaustrophobie zu Hause lassen und Taschenlampe oder Mobiltelefon zur Beleuchtung zur Hand haben.

Wir lassen den Tag in Sogndalstrand ausklingen. Die alte Hauptstraße besteht aus Holzhäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die unter Denkmalschutz stehen und gut in Schuss gehalten werden. Mehrere Häuser gehören zum Kulturhotel, dessen Existenz wohl überhaupt erst den Erhalt des Ortes möglich gemacht hat. Heute gibt es außerhalb drei Besucherparkplätze, was uns erahnen lässt, was hier im Sommer los sein muss. Aber jetzt sind wir fast alleine und wandeln zum Plätschern des Flusses Sokna, der hier ins Meer mündet, durch den kleinen Ort. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der neue Teil des Dorfes mit neuen Wohnhäusern und modernen Steinskulpturen auf der Mole, die den winzigen Hafen umgibt. Klein, aber fein und wenn nicht überlaufen definitiv einen Besuch wert!

Dass Südnorwegen landschaftlich nicht mit dem Norden mithalten kann, war uns von Anfang an klar. Unser allgemeiner Eindruck ist „nett hier, aber nicht spektakulär“. Aber auch entspannt, denn unsere To-Do-Liste ist gar nicht allzu lang. Wir lassen uns treiben, schlafen viel, sitzen faul in der Sonne, lesen, daddeln und machen ein paar Geocaching-Touren. Eine besonders schöne führt uns in den Magma Geopark in der Nähe von Egersund. Die Landschaft erinnert uns an Schottland und tatsächlich sind es bis nach Inverness „nur“ 600 km, geologisch gesehen, also quasi um die Ecke. Im Geopark kann man nach Herzenslust herumwandern und klettern. Aber Vorsicht! Die Felsen mögen glatt aussehen, aber die darauf wachsenden Moose und Flechten fordern ihren Blutzoll von unachtsamen Kraxlern.

Die Fv 44 wird als Scenic Route von Flekkefjord bis Egersund angepriesen. Wir würden diese Kategorisierung nicht auf die gesamte Strecke anwenden, aber einige schöne Abschnitte und Aussichtspunkte sind schon dabei. Im Süden noch sehr felsig und mit Serpentinen, während man im Norden schon ein bisschen Fjordfeeling bekommt. Und immer wieder Wasser. Ob direkt am Meer oder einer der zigtausend kleinen und großen Seen. Es ist nie weit bis zum nächsten Blau 🙂 .
Die kleine Currywurst durfte sich schon ein bisschen austoben und wir haben unsere Dosenstatistik mit 35 Funden aufgebessert.

An einem anderen Tag machen wir eine Strandtour noch weiter nördlich. Aber bevor wir den Sand unter (und in) unseren Schuhen spüren, machen wir einen Stop in der Glasbläserei Mingar Walker in Nærbø, wo wir Line Mingar treffen und ein nettes Pläuschchen halten. Und natürlich auch ein paar Andenken für zu Hause erwerben 😉 .

Refnesstranda ist ein schöner weißer Sandstrand. Was von Nachteil sein kann, wenn wie bei unserem Besuch eine steife Brise weht, die den feinen Sand quer über den Strand treibt. Sofort knirschen die Zähne, die Brille verhindert temporäres Erblinden und das schlechte Gewissen lässt es kaum zu, die Kamera zu zücken. Unsere schafft es ohne bleibende Schäden davon zu tragen. Aber nicht nur den Sand peitscht der Wind vor sich her, auch das Meer wird ordentlich aufgemischt. Sehr dekorativ, aber das Stapfen durch den feinen Sand gegen den beissenden Wind kommt eher einem intensiven Gesamtkörpertraining gleich als einem entspannten Spaziergang gleich! Das gleiche Bild zeigt sich uns in Boresanden. Dazu kommt dort aber noch die Aussicht auf Feistein Fyr, ein kleiner Leuchtturm auf einer kleinen Insel vor der Küste.

Auf dem Rückweg besuchen wir die alte Kirche von Varhaug, eine der schönsten Küstenkirchen Norwegens. Das winzige Kirchlein ist nur etwa 15qm groß und steht windumtost direkt über dem Strand und blickt auf’s Meer hinaus. Heute leuchtet es strahlend weiß gegen den blauen Himmel an. Ein idyllisches Plätzchen, das Ruhe und Geschichte ausstrahlt.
Den Leuchtturm von Kvassheim steuern wir hauptsächlich für eine Bio-Pause an (die öffentlichen Toiletten sind hier top!) und machen uns erst lustig über das hässliche kleine Metalltürmchen, bevor wir verstehen, dass das schön restaurierte Gebäude hinter uns, der eigentliche Leuchtturm ist 😉 .

Und dann ist unsere Zeit hier auch schon wieder um. Jetzt machen wir uns auf den Weg zu unserer zweiten Station dieses Urlaubs. Den nächsten Beitrag schreiben wir dann über unsere Woche im Fjordland.

Irland 2023 – Wir können einfach nicht anders

Nach drei Jahren mehr oder weniger Ausnahmezustand normalisiert sich unser Leben langsam wieder. Und wir kehren zu unserem bewährten Urlaubsmodus zurück, am Anfang des Jahres eine kleine Auszeit zu nehmen. Die letzte war im Januar 2020 in Kilkee, County Clare, Irland. Da ist es nur passend, die Tradition dort wieder aufleben zu lassen. Und zugegebenermaßen haben uns die paar Tage im letzten September wieder ordentlich angefixt 😉 . Also haben wir im Dezember bei Mary angefragt, ob wir uns nochmal im Cliff Cottage für eine gute Woche einmieten können. Urlaub eingereicht, Flüge und Mietwagen gebucht und die Vorfreude genossen.

Drei Jahre hat unserer treues Cashermobil uns von Urlaub zu Urlaub gefahren. Da ist es schon ein bisschen ein komisches Gefühl, beim Tasche packen auf das Gewicht achten zu müssen, beim Check-In und der Security anzustehen und im wuseligen Flughafen unser Gate zu suchen. Erstaunlicherweise stresst uns der Vormittag der Anreise mehr, als so manche 24stündige Anfahrt mit Auto und Fähre. Aber dann haben wir es endlich geschafft und können in Dublin unseren Mietwagen in Empfang nehmen.

Unsere Wahl für einen Zwischenstopp auf dem Weg an die Westküste ist auf den Lough Boora Discovery Park gefallen. Der hatte bei unserem letzten Irlandurlaub den Kürzeren gegenüber Clonmacnoise gezogen, da er etwas weiter abseits unserer damaligen Route lag. Lough Boora ist ein Moor, das in der Vergangenheit intensiv für den Torfabbau genutzt wurde. Heute wird die Landschaft renaturiert und bietet eine bunte Mischung an Wanderrouten. Wir haben uns für den Skulpturenweg entschieden, der zwischen 3,3km und 5km an diversen Kunstwerken vorbei durch das Gelände führt. Das Besucherzentrum ist im Winter geschlossen und nur eine Handvoll Autos steht auf dem Parkplatz. Der Park kostet keinen Eintritt und ist das ganze Jahr über zugängig. Die „Kunstwerke“ erschließen sich uns nicht immer. Da werden 5000-6000 alte Baumstämme, die beim Torfabbau im Moor gefunden wurden, zu mehr oder weniger dekorativen Skulpturen zusammengefügt. Oder die alten Schienen der Moorbahn in Ringen und Pfählen in die Natur gestellt. Nun ja. Andere sind schon interessanter und im fahlen Wintersonnenschein ist es ein toller Spaziergang. Allerdings sind die Wege teilweise matschig und festes Schuhwerk unbedingt zu empfehlen. Es ist schließlich eine Moorlandschaft und der Untergrund entsprechend feucht bis nass.

Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall und wir werden bestimmt nochmal wieder kommen und auch den Rest erkunden. Noch sind die Tage aber kurz und es wird langsam dunkel. Unser Navi ist ein Verfechter des direkten Weges und führt uns auf kleinen und kleinsten Nebenstraßen bei einsetzendem Regen quer durch die irische Pampa. Das ist ein bisschen anstrengend, zumal auch die Putzcrew der Mietwagenfirma bei der Windschutzscheibe eher geschmiert als geputzt hat. Das nächste Mal fahren wir einfach zurück auf die Autobahn!

Schließlich erreichen wir aber unser geliebtes Kilkee und müssen nur noch den Schlüssel in Murphys Bar abholen. Wir hatten bisher geglaubt, die stände leer und wundern uns ein bisschen, aber der äußere Schein kann ja trügen. Ein wenig verdutzt sind wir dann doch, dass uns die Tür verschlossen bleibt, bis uns Gary, der Eigentümer, aufschließt und fragt, warum wir denn an der Hintertür stehen?!? Da haben wir jahrelang nicht kapiert, was vorne und hinten ist – wie peinlich! Aber wer schreibt denn auch den Namen groß über die Hintertür??? Egal, wir sind endlich angekommen und das Cliff Cottage so schön, wie wir es in Erinnerung hatten 🙂 .

Die Hufeisenbucht von Kilkee liegt direkt vor unserer Haustür und bis zum Strand sind es nur ein paar Minuten. Klar, dass wir fast jeden Tag mindestens einen Strandspaziergang machen müssen! Gerade früh morgens, wenn noch nicht viel los ist, absolut entspannend.

Wir hatten uns auf 10 Tage verschlafene Winterruhe eingestellt, aber nicht bedacht, dass das erste Wochenende leider ein Bank Holiday Wochenende ist und, wie bei jedem Brückentag in Deutschland, die Iren in Scharen an die Küste pilgern. Und so bekommen wir eine Ahnung, wie es hier im Sommer zugehen muss. Das wollen und brauchen wir definitiv nicht! Ab Montag Nachmittag sind wir dann aber wieder alleine am George’s Head und es kehrt Ruhe ein im Ort, der ja sonst eher verschlafen ist.

Stattdessen kommt der Sturm und mit ihm Wellen und Brandung, die wir so sehr mögen 🙂 . Windumbraust auf den Klippen und die Brecher rollen durch die Bucht, wie schön! Das Meer tost und schäumt und spült die Felsen immer wieder weiß wie Milch. Vom Sofa aus können wir die Gischt an der Küste hochschlagen sehen. Bei größeren Wellen steigen die vor unserem Fenster auf den Felsen ruhenden Vögel auf und flattern wild von links nach rechts und wieder zurück. Wir könnten fast zu Vogelbeobachtern werden 😉 . Tagsüber zieht die Gischt die Steilküste in Schwaden hinauf und wir hören zum Einschlafen das Donnern der Wellen, wenn sie auf Land treffen. Und dann haben wir auch noch richtig Glück und bekommen mehrmals einen wunderbaren Sonnenuntergang geboten!

Ein Aufenthalt in Kilkee ist nicht komplett ohne einen Ausflug über die Scenic Route auf die Loop Head Halbinsel. Und ausnahmsweise haben wir ein gutes Timing, denn als wir die Bridges of Ross, einen unserer absoluten Lieblingsorte, besuchen, stimmen Wind, Wasser- und Sonnenstand für ein gewaltiges Wellenspektakel. Aber auch der Rest des Ausflugs beschert uns jede Menge – zumindest für uns – tolle Wellenbilder. Am Ende steht für uns fest, dass wir wohl auch für die nächste winterliche Auszeit wieder hierher kommen werden 😉 .

Irland 2022 – Das Sahnehäubchen

Wir können nicht Urlaub in Irland machen, ohne – zumindest für ein paar Tage – in Kilkee Station zu machen. Doch bei unserer Planung für diesen Urlaub mussten wir leider erfahren, dass unser Lieblingsferienhaus nicht mehr vermietet wird. Vielen Dank an Anne, dass wir so viele schöne Zeiten in Georges Head Nummer 3 verbringen durften, aber wie egoistisch, dass sie es jetzt nicht mehr mit uns teilen mag 😉 . Also mussten wir uns was Anderes überlegen. Ferienhäuser stehen in Kilkee reichlich zur Verfügung, aber wir möchten natürlich nicht auf die Wahnsinnsaussicht auf die Bucht verzichten, und da wird’s schon schwieriger. In den letzten Jahren haben wir verfolgt, wie das kleine Cottage schräg gegenüber am Anfang der Straße restauriert und ausgebaut wurde. Da ist man noch näher am Wasser und es wird vermietet! Die Ausstattung sieht online sehr luxuriös aus, mit einer bodentiefen Fensterfront zum Meer hin. Leider hat das auch seinen Preis, aber wir gönnen es uns mal 😉 .

Gespannt machen wir uns auf gen Süden. Auf der M18 beträgt die Fahrzeit etwas über zwei Stunden. Da wir erst nachmittags mit der Vermieterin zur Schlüsselübergabe verabredet sind, können wir uns Zeit lassen. Und wir nehmen wir ja sowieso lieber die landschaftlich meist schöneren Nebenstraßen.

Die führen uns – mal wieder – quer durch den Burren, die Karstlandschaft an der Westküste, mit steinigen Hügeln auf grünen Wiesen, die mit den typischen Steinmauern eingefasst sind. Zwischendurch ein kleiner Spaziergang um Abbey Hill mit Aussicht auf Kinvarra Bay und den Atlantik. Die folgende Fahrt die Küste entlang ist auch heute wieder super schön. Der obligatorische Stopp in Lahinch, darf natürlich auch nicht fehlen!

Mary, die uns das Cliff Cottage vermietet, ist super nett, sehr bemüht und erwartet uns mit guter Laune und kalt gestelltem Wein! Das Haus ist in der Realität noch schöner als auf den Bildern und die Aussicht einfach nicht zu toppen. Hier wird’s uns gut gehen 🙂 .

Kilkee enttäuscht uns auch diesmal nicht 🙂 . Wir sind nur ein paar Tage hier, aber entspannen uns ganz wunderbar. Spaziergänge auf den Klippen und am Strand, einfach im Sessel in der Sonne sitzen und aufs Wasser schauen, auf der Couch lümmeln und die Abendlichter in der Bucht bewundern. Am Ende sorgt der Wind auch noch für ordentlich Brandung, einfach perfekt!

Zu unserem „Pflichtprogramm“ gehört auch immer ein Ausflug auf die Halbinsel Loop Head. In Kilbaha gibt es eine kleine Galerie, geführt von Liz und Ailish, wo wir schon einige schöne Mitbringsel erstanden und mit den beiden ausgiebig geplaudert haben. Diesmal sprengen wir das Urlaubsbudget komplett mit irischen Impressionen, die uns die grüne Insel nach Hause bringen werden. Liz verpackt unsere neuen Schätze gut und wir holen sie einen Tag später ab. Dabei geraten wir beinahe in einen Tractor Run, also eine Parade von Oldtimer-Traktoren, müssen uns aber letztendlich nur durch die, fast von den geparkten Giganten am Straßenrand blockierten, Sträßchen schlängeln und überholen ein paar auf dem Rückweg. Womit sich die Landbevölkerung sonntags halt so vergnügt……

Und dann müssen wir schweren Herzens schon wieder unsere Taschen packen, denn der Weg nach Hause ist lang und der Urlaub fast zu Ende. Für die Fahrt zur Fähre nach Rosslare haben wir uns den Rock of Cashel als Zwischenstopp ausgeguckt. Ebenfalls ein Touristen-Hotspot, den wir seit unserer ersten Irlandreise 2000 nicht mehr besucht haben. Es ist zwar ein bisschen was los, aber nicht überlaufen. Der Rock ist eine Kombination aus Burg, Kathedrale inkl. Rundturm, Bischofssitz und Kapelle. Quasi ein Felsen für alle historischen Lebenslagen. Der Eintritt ist mit 8€ pro Person nicht ganz billig, für eine Führung muss nochmal extra bezahlt werden. Wir erkunden aber sowieso lieber auf eigene Faust. Und wie immer sind wir überrascht, was es nach mehr als 1.000 Jahren und all der gewalttätigen Geschichte für uns noch zu bestaunen gibt. Der Wind pfeift durch die Mauern und die Wolken jagen über den Himmel. Und ganz leise können wir das Hämmern der Zimmerleute, den Gesang der Mönche, das Waffenklirren der Eroberer und den Jubel der Menge für den neu gekrönten König hören 😉 . Für uns hat sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt.

Zurück geht es für uns mit Brittany Ferries. Einschiffen in Rosslare geht ruck-zuck und wir beziehen unsere Kabine an Bord der Connemara. Das Schiff ist genauso schrömelig wie die Stena Line, aber das haben wir auch nicht anders erwartet. Die Überfahrt ist diesmal deutlich entspannter als auf dem Hinweg und als positive Überraschung kommen wir auch noch fast zwei Stunden früher in Cherbourg an, als auf der Buchung angegeben. Dann müssen wir nur noch die gut 800 km bis nach Hause fahren. Die An- und Abreise mit dem eigenen Auto ist schon immer ein Kraftakt, aber es war die richtige Entscheidung für uns in diesem Urlaub. Schon allein, damit wir unseren ganzen Krempel mitnehmen konnten 😉 . Wir hatten eine tolle Zeit und schon jetzt steht fest, es wird nicht wieder zwei Jahre dauern, bis wir die Insel wiedersehen.

Irland 2022 – Einmal Mayo bitte!

Wir machen uns auf zum zweiten Kapitel unserer Irlandreise, im County Mayo. Für unsere Fahrt einmal quer über die Insel haben wir uns natürlich ein paar Zwischenstopps herausgesucht. Der erste ist Kilree Round Tower, etwas abseits und versteckt zwischen hohen Bäumen gelegen, so dass von Weitem oft nur die Spitze zu sehen ist. Zu erreichen ist der Turm nur über eine Wiese mit wieder einmal sehr neugierigen Rindviechern und einem großen Warnschild „Beware of the bull“. Da außer uns heute zwei Männer die Gehwege auf dem kleinen Friedhof am Turm ausbessern, trauen wir uns heldenhaft zwischen die Jungbullen und schaffen es unversehrt bis zum Turm :-). Sogar die kleine Currywurst kann ein wenig später aufsteigen.

Nur ein Stück die Straße runter liegt Kells Priory, nach eigener Aussage die größte eingefriedete Kirchenanlage in Irland. Vom Parkplatz sind erstmal nur die Ecktürme und die restaurierte Außenmauer zu sehen. Aber wenn man den Hügel hinunterläuft, kommt nach und nach die komplette Ruine in Sicht und sie ist ziemlich groß! Kein Eintritt, nix los und wenn man zwischen den, teils noch sehr hohen, Mauern herumläuft fühlt es sich ein bisschen nach Indiana Jones und verlorener Stadt an. Auf jeden Fall sehr empfehlenswert! Hier wird aber noch fleißig repariert oder restauriert. Es bedarf manchmal ein wenig fotografischer Finesse, die Absperrzäune und Baumaterialen auszublenden, aber wenigstens ist keines der Gebäude im Moment mit Planen eingetütet oder eingerüstet.

Doch damit noch nicht genug alter Steine, wir halten auch in Clonmacnoise. Die Klosterruine, malerisch am Shannon gelegen, ist auch ziemlich genau die geographische Mitte Irlands. Außerdem ein Touristen Hotspot, aber wir haben diesmal Glück und es ist nur eine Buslandung Österreicher da und ein paar weitere Besucher. Wir sind sogar genau rechtzeitig für die deutsche Filmvorführung da, die einen Überblick über die Entstehungsgeschichte und die diversen Kirchenruinen, die es auf dem Gelände gibt, vermittelt. Die eingespielten Fotos sind allerdings so alt und pixelig, dass wir versucht sind, die kleine Currywurst auszupacken und neue Aufnahmen zu spenden 🙂 . Aber natürlich ist das ganze Gelände eine no-drone-zone. Neben den Überresten von sieben Kirchen sind noch ein Rundturm, Hochkreuze und unzählige Jahrhunderte alte Grabsteine und Grabplatten über die Anlage verstreut. Offensichtlich war es in der Vergangenheit „schick“ sich in Clonmacnoise begraben zu lassen. Erstaunlich dass so viele Monumente die Zeit überdauert haben. Die Klosteranlage war vermögend und einflussreich, so dass sie regelmäßig und wiederholt von den Wikingern, den Normannen und den Engländern überfallen, geplündert und gebrandschatzt wurde. Und wohl immer wieder aufgebaut wurde, bis ihr Cromwell schließlich den Rest gab und die Anlage etwa 1650 aufgegeben wurde.

Der Eintritt von 8€/Person lohnt sich, und wir bekommen sogar einen Rabatt indem wir einmal nur den Seniorenpreis von 6€ bezahlen. Wir rätseln den ganzen Besuch lang, wer von uns denn nun die 60 schon überschritten hat 😉 .

Unser Ziel und neues Quartier befindet sich etwas außerhalb von Partry, am Lough Carra gelegen.

Einer der Gründe, warum es uns wieder ins abwechslungsreiche Mayo gezogen hat, ist Achill Island. Sie ist die größte Insel Irlands und hat landschaftlich alles zu bieten, was unser Urlaubsherz begehrt und ist über eine Brücke bequem erreichbar. Entlang der Südküste führt der Atlantik Drive, mit Aussichtspunkten über den namensgebenden Atlantik, kleinen Orten, Buchten und viel schroffer Küste. Überall auf der Insel haben die freilaufenden Schafe Vorfahrt. Sogar in den Dörfern und auf den Hauptstraßen finden sich die Wollknäuel. Ein schöner Vorwand, im Schneckentempo durch die Gegend zu cruisen 🙂 .

Wir folgen der Route eines Lab-Caches, der uns auch auf den Aussichtspunkt des Minaun führt. Wer wie wir zu faul ist, kann mit dem Auto bis zum Parkplatz an der Funkstation(?) fahren und dann „nur“ den restlichen Aufstieg bis zum Gipfel laufen. Gutes Schuhwerk ist aber auf jeden Fall angeraten, denn es gibt nur ein paar sporadische Markierungen und man muss sich seinen Weg nach oben selbst suchen. Der Untergrund ist oft sumpfig und matschig, so dass man sich schnell nasse Füße holen kann. Hat man den Aufstieg geschafft, wird man dafür mit einen phänomenalen Rundblick über die Insel belohnt. Es ist vielleicht kein sehr hoher Berg, aber der Wind pfeift einem ganz ordentlich um die Ohren. Es parken zwar ein paar Autos an den Funkmasten, aber die Insassen sind schon wieder auf dem Rückweg als Diane los läuft und auf dem Gipfel ist sie dann ganz allein. Einfach großartig 🙂 .

Überall wird Keem Beach als DER Strand schlechthin angepriesen. Das führt dazu, dass es diverse, durchaus gut besuchte Parkplätze gibt, und der zwar ganz schöne, aber nicht unbedingt große Strand recht voll ist. Außerdem liegt die Bucht schon spät nachmittags im Schatten, wenn die Sonne sich hinter den westlichen Klippen versteckt. Insgesamt fanden wir die An- und Abfahrt (es gibt nur eine Straße) schöner und spannender als die Destination. Die Sonne geht schon langsam unter, als wir auf dem Rückweg noch kurz im Deserted Village, einer aufgegebenen Siedlung in den Slievemore Mountains vorbeischauen, was auch die letzte Station des Labcaches ist. Die goldene Stunde macht an diesem Tag ihrem Namen wieder alle Ehre!

Auch unsere unmittelbare Umgebung hat Einiges zu bieten, schließlich wohnen wir zwischen zwei Seen mit viel Grün drum herum. Und Samstag ist Bauernmarkt in Ballinrobe, das müssen wir uns natürlich ansehen. Es sind nur eine Handvoll Stände, aber alle sind mit Herzblut dabei. Wir finden selbstgemachte Geburtstagskarten und vegane Bioseife.

Lough Mask und Lough Carra sind nur einen Steinwurf entfernt. An beiden finden sich Wälder und Wanderwege. Und zwischendurch lockt die ein oder andere Ruine. Rund um Moore Hall haben wir viel Spaß mit den Holztieren, die im Wald drum herum verteilt sind. Das Haus selbst ist die Anreise nicht unbedingt wert und kann auch leider nur von außen besichtigt werden, aber für einen Spaziergang oder eine Picknickpause am See allemal geeignet.

Castle Burke haben wir nur zufällig entdeckt und die Ruine selbst ist auch eher unscheinbar, aber rechts daran vorbei kann man zum Seeufer runter laufen. Wer mutiger ist als wir, kann auch runter fahren. Unten finden sich fotogene Ruderboote, Schafe und eine meterhohe Jesusskulptur. Da es sich um Farmland handelt, auf jeden Fall alle Gatter immer wieder gut schließen! Auf dem See draußen hört man irgendwo einen Außenbordmotor tuckern, aber ansonsten herrscht Ruhe und Einsamkeit.

Ballintuber ist ebenfalls nicht weit. Von Ballintuber Abbey sieht man von der Straße aus nur die moderne neue Kirche und wir halten auf dem großen Parkplatz eigentlich nur, um den weiteren Weg zu planen. Aber dann gucken wir uns doch mal um und finden, versteckt dahinter die mageren Überreste der Originalabtei, die allerdings mit dem, was wir bisher gesehen haben nicht mithalten können. Einmal durchstromern und weiter geht’s. Boyle Abbey dagegen ist noch ziemlich intakt und was die Zeit nicht überstanden hat ist mit einer gläsernen Hülle versehen worden. Aber dafür man muss zum Besichtigen auch Eintritt zahlen. Dazu wären wir ja durchaus bereit, aber wir kommen genau fünf Minuten nach der offiziellen Öffnungszeit an und so bleibt es für uns beim Spaziergang drum herum. Sieht aber auch von außen schon interessant aus.

Ballymote Castle liegt mitten in Ballymote, ist aber leider nicht zugänglich. Formschöne Absperrzäune blockieren den Eingang. Im Gegensatz zu Boyle Abbey präsentiert sich uns das Castle mit undurchdringlichen abweisenden Mauern, aber wenn wir nicht rein dürfen und nicht über die Mauern gucken können, haben wir ja noch unsere kleine fliegende Geheimwaffe, so dass wir doch rauskriegen, wie das Castle komplett aussieht.

Während wir kreuz und quer durch Mayo unterwegs sind, taucht immer wieder Croagh Patrick, der heilige Berg der Iren am Horizont auf. Und wir sehen soviel Gegend 🙂 .

Croagh Patrick kann man natürlich besteigen, auch wenn man es nicht als guter Katholik zur Wallfahrt tut. Aber wir haben uns einen anderen Berg zum Ziel genommen. Dafür geht’s nach Sligo. Zwei Berge liegen in unmittelbarer Nähe des Städtchens. Der Tafelberg Ben Bulben und der Knocknarea. Da soll es hoch gehen. Vom Parkplatz gibt es einen Rundweg über den Berg. Rechts rum geht’s über 6,5km bis zum Gipfel. Links rum sind es nur 1,5km. Auf Komoot wird der kurze Weg als „leichte“ Wanderung ausgewiesen. Allerdings sind auf dieser Strecke 200 Höhenmeter zu überwinden. Als leicht kann der Aufstieg deshalb – zumindest für und von uns – wirklich nicht bezeichnet werden. Vom Parkplatz geht’s noch mit einem halbwegs vernünftigen Weg los. Steil, aber gut zu laufen. Nach etwa einem Drittel der Strecke wird’s schon schwieriger und man muss über ausgewaschene Steinabschnitte klettern und krabbeln und sich seinen Weg selbst suchen. Oben angekommen hat man – bei entsprechendem Wetter – einen tollen Rundumblick. Außerdem befindet sich oben ein großer Steinhaufen, Cairn, genannt. Die Legende besagt, dass es sich um den Grabhügel von Queen Maeve, einer Königen aus der keltischen Mythologie, handelt. Sie soll darin stehend und in voller Rüstung begraben sein. Das ist wohl eher unwahrscheinlich, aber bisher hat noch niemand nachgesehen 😉 .

Etwas abseits gelegen ist der Drumanone Dolmen. Nur ein überwucherter Fußweg geht von der R294 ab und an dessen Ende sperren zwei Gatter eine Bahnstrecke ab. Der Dolmen liegt dahinter auf einer Wiese und wird – zumindest bei unserem Besuch – wieder mal von einer Herde Kühe bewacht. Die sind auch ziemlich zutraulich und so neugierig, dass es kaum möglich ist ein Foto ohne Rindviech zu machen 😉 .

Der Rundturm in Killala ist für uns nur ein zufälliger Cacherstop auf dem Weg nach Rathfran Abbey. Die finden wir idyllisch am Wasser gelegen und ganzjährig zugängig. Und es ist nix los 🙂 . Wir sind an einem relativ bedeckten Tag da und der Wind faucht durch die Ruinen. Man kann die Geschichte quasi mit Händen greifen. Definitiv einen Besuch wert!

Noch besser hat uns allerdings Rosserk Friary gefallen. Ebenfalls am Wasser gelegen macht sie erst einen etwas unscheinbaren Eindruck und als wir ankommen ist auch noch ein anderes Pärchen da. Wir begegnen uns auf dem Weg um das Kloster herum, weil wir natürlich erstmal den Eingang übersehen haben. Dann finden wir den Hintereingang und stellen fest, dass der Gebäudekomplex noch erstaunlich gut erhalten ist. Man kann sogar über schmale, ausgetretene Treppen noch die erste Etage erreichen. Da wir mittlerweile allein sind, kann auch die kleine Currywurst noch aufsteigen. So kriegen wir tolle Aufnahmen vom Turm, der wohl architektonisch besonders ist, da nur auf zwei Spitzbögen gelagert. Wir finden ihn einfach beeindruckend. In der Ruine befindet sich auch ein in Stein gemeißelter Rundturm, wahrscheinlich der von Killala. Vielleicht war ja einer der Mönche ein Fan oder wollte eine Erinnerung an seinen Heimatort. Da wir ja gerne auf eigene Faust einsame alte Gemäuer erkunden, ist das hier definitiv ein Highlight für uns 🙂 .

Die kleine Landzunge von Downpatrick Head lockt mit Klippen und einer direkt vor der Küste liegenden Felsinsel Namens Dún Briste. Und während unseres Besuchs auch mit ganz viel Wind, aber das stört uns ja nicht 😉 . Es gibt eine Statue des heiligen Patrick in der Ruine einer kleinen Kapelle und einen tiefen Durchbruch zum Meer (blowhole), durch den bei Sturm und hoher Flut das Wasser hinaufschießt, wofür Wind und Wasserstand heute aber nicht ausreichen. Außerdem liegen hier insgesamt drei Geocaches, die uns auch ursprünglich hierher geführt haben. und die wir auch alle finden 🙂 . Einen davon versteckt im, in den Boden eingelassenen EIRE 64 Zeichen, mit dem das neutrale Irland während des zweiten Weltkriegs seine Küste markiert hatte, damit weder Bomben, noch Spionage- oder Truppenflugzeuge auf der Insel landeten. Leider sieht man diese Zeichen vom Boden aus nur schlecht und es ist heute zu windig und regnerisch für die Currywurst.

Die Klippen sind schon beeindruckend und man kann überall ungestört herumstromern und die Aussicht genießen. Da es nirgendwo Absperrungen gibt, ist bei starken Windböen, so wie heute, am Klippenrand ein bisschen Vorsicht geboten. Unterwegs, treibt der Wind auch immer wieder tief hängende Regenwolken und -schauer über die Küste. Da sind wir unterwegs ganz froh, dass wir uns dann im Auto aufwärmen und auch trocknen können. Ein würdiger Abschluss unserer Woche in Mayo!